Wenn man Martin Schmidt begegnet, spürt man sofort diesen inneren Antrieb: die Mischung aus Bodenständigkeit, analytischem Denken und einer Lust auf Veränderung, die selten ist in einer Branche, die sich gern auf Tradition beruft. Am Kaiserstuhl, diesem warmen, vulkanisch geprägten Weinbaugebiet, hat er ein historisches Weingut übernommen und in bemerkenswert kurzer Zeit neu ausgerichtet. Das Weingut Kiefer war schon immer eine bekannte Marke, doch Martin hat ihm eine neue, zeitgemäße Identität verliehen – mit klaren Linien im Sortiment, präzisen Stilprofilen und einer Kommunikation, die Menschen nicht belehrt, sondern mitnimmt.
Dabei geht es ihm nicht um Effekthascherei. Sein Ansatz ist strategisch, handwerklich und zutiefst wertebasiert: „Wein ist mehr als ein Produkt. Wein ist Verantwortung. Für den Boden, für die Region, für die Menschen, die mit uns arbeiten – und für die Konsumenten, die uns ihr Vertrauen schenken.“ Diese Haltung zieht sich wie ein roter Faden durch das Gespräch: Er denkt in Kreisläufen, in Zusammenhängen, in langfristigen Entwicklungen.
Besonders deutlich wird das beim Thema PiWis – pilzwiderstandsfähige Rebsorten, die er nicht nur im eigenen Betrieb fördert, sondern bundesweit vorantreibt. Als Mitgründer des PiWi Kollektivs gehört er zu jenen, die früh erkannt haben, dass Klimawandel, Pflanzenschutz und gesellschaftliche Erwartungen neue Antworten erfordern. Für ihn sind PiWis kein modischer Trend, sondern eine notwendige Konsequenz aus veränderten Rahmenbedingungen. „Wir müssen als Branche lernen, intelligenter zu arbeiten. Weniger Spritzen. Mehr Vielfalt. Und Weine erzeugen, die nicht nur nachhaltig sind, sondern auch geschmacklich überzeugen.“
Das PiWi Kollektiv ist für ihn daher mehr als ein Zusammenschluss von Betrieben – es ist ein Labor für Stilentwicklung und Kommunikation. Man probiert, vergleicht, diskutiert, lernt voneinander. Und man versucht, die Neugier der Kundinnen und Kunden zu wecken. „Es geht nicht darum, PiWis zu rechtfertigen. Sie müssen schmecken – dann erledigt sich das Gespräch von selbst.“ Diese pragmatische Klarheit macht ihn zu einer wichtigen Stimme in einer Debatte, die oft ideologisch geführt wird.
Auch im Weinbauverband, wo er regional wie bundesweit Verantwortung trägt, setzt er auf Zukunftsthemen: Herkunftssysteme weiterentwickeln, Bürokratie reduzieren, Winzer qualifizieren, Nachhaltigkeit messbar machen. Er spricht offen darüber, dass die Branche an einem Wendepunkt steht. Die Anforderungen steigen, gleichzeitig wächst der wirtschaftliche Druck. „Wir können die Zukunft nicht mit den Werkzeugen der Vergangenheit gestalten.“ Für ihn bedeutet das: Mehr Kooperation, mehr Wissenstransfer, mehr Mut zu neuen Wegen – im Weinberg ebenso wie im Keller und in der politischen Arbeit.
Es ist diese Kombination aus unternehmerischer Energie, technischem Verständnis und strategischem Blick, die das Gespräch mit Martin Schmidt so spannend macht. Er ist keiner, der nur reagiert. Er gestaltet, denkt vorwärts, sucht Lösungen. Und er glaubt daran, dass Weinbau dann erfolgreich bleibt, wenn er wieder stärker Verbindung stiftet – zwischen Mensch und Natur, zwischen Tradition und Innovation, zwischen Verantwortung und Genuss.
„Wein ist Kommunikation“, sagt er zum Schluss. „Und solange wir zuhören – den Böden, dem Klima, den Menschen – haben wir alle Chancen.“
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