Corinna und Christian Eppelmann im Podcast von Genuss im Bus

Corinna und Christian Eppelmann im Podcast von Genuss im Bus


Corinna und Christian Eppelmann im Podcast von Genuss im Bus

Junge rheinhessische Avantgarde marschiert

Für eine weitere Episode meines Podcasts "Genuss im Bus" bin ich nach Rheinhessen gefahren, um in Stadecken-Elsheim die jungen Winzer Corinna und Christian Eppelmann zu treffen. Nachdem ich mehr als einmal von anderen, von mir sehr geschätzten rheinhessischen Winzern den Tipp bekam, dieses Weingut im Auge zu behalten, war klar, dass ich da demnächst unbedingt mal hin muss.

Was mir anfangs nicht klar war, war dass die noch sehr junge Generation der Winzerfamilie Eppelmann, die Geschwister Corinna und Christian mich empfangen und mit mir die Podcast-Episode bestreiten würden. Ihre Eltern, Timo und Simone, tragen zwar noch die volle Verantwortung für den Betrieb, haben aber einem Modell eine Chance gegeben, ihre Kinder, die beide bis über die Ohren für Wein und den Winzerberuf brennen, frühzeitig in das operative Geschehen und die wichtigen Entscheidungsprozesse einzubinden.

Timo und Simone Eppelmann von Julia Teine

Foto: Julia Teine

Neue Dynamik im Weingut Eppelmann

Der Dynamik im Weingut hat das tatsächlich einen riesigen Schub beschert. Die beiden Jungen geben Gas: in Weinberg und Keller ebenso wie auf den verschiedenen Feldern des Vermarktungsprozesses.

Im Gespräch mit Corinna und Christian wird schnell klar, wo die beiden hin wollen, ganz nach oben nämlich, zur Spitze zählen wollen sie, zunächst im Selztal, dann in Rheinhessen und dann mal sehen, was noch geht. Wer ihnen zuhört, bemerkt schon bald, dass sie einen Masterplan haben und dass sie langfristig denken. Sie sind weder naiv, noch ungeduldig. Aber mutig und zuversichtlich. Sie kennen die Risiken, die überall lauern, trauen sich jedoch zu, ihre Chancen in der Nische zu nutzen - nicht zuletzt weil sich die beiden untereinander so extrem gut verstehen und genial ergänzen und weil sie wissen, dass sie mit ihren Eltern, mit Timo und Simone liebevolle und kooperationsfähige Partner im Boot haben, die das ganze zu einem Dreamteam auf Augenhöhe machen.

Spitzenweine im Visier

Auf meine Frage, mit welcher Strategie sie gestartet sind und ob und wie sie dabei den Status quo kritisch unter die Lupe genommen und bilanziert haben, äußern sich die beiden wie folgt:

Das war ein ungemein spannender Prozess für uns. Wir haben ja beide eine klassische Winzerausbildung absolviert und hatten das Glück, bei sehr interessanten Betrieben zu lernen: Corinna bei Stefan Sander in Mettenheim und Max Müller I in Volkach, Christian bei Rings in Freinsheim und Wagner-Stempel in Siefersheim. Alles, was wir in diesen Weingütern erfahren und gelernt haben, haben wir auf den Tisch gelegt, angeschaut und verglichen mit dem, was unser Weingut bis zu diesem Zeitpunkt ausgemacht hat. Wir haben zudem versucht herauszuarbeiten, was uns schmeckt, welche Weinstilistik wir präferieren und was wir davon hier an unserem Standort abbilden können und wollen. Dabei ist uns recht schnell klar geworden, dass wir hier zu hundert Prozent auf Weinqualität setzen sollten, dass es für uns darum gehen muss, Spitzenweine zu produzieren. Es galt also, die stilistische Performance unserer Weine zu verändern und die Preise anzuheben. All das bedeutete mehr oder weniger zwangsläufig, dass wir uns von der nahezu hundertprozentigen Vermarktung über Endverbraucher würden verabschieden müssen.
Corinna Christian Mauer2 von Wolfgang Staudt

Foto: Wolfgang Staudt

Zukunftsstrategie - Fokus auf Chardonnay und Pinot

Spätestens jetzt hatten die beiden mich neugierig gemacht. Vor allem wollte ich wissen, welche Stilistik ihnen vorschwebte? In welche Richtung wollten sie die Stilistik ihrer Weine weiterentwickeln?

Also grundsätzlich stand nie zur Debatte, ganz auf neue Rebsorten zu setzen oder großflächig neu zu pflanzen. Unseren Eltern sei Dank haben wir eine sehr, sehr gute Weinbergsstruktur vorgefunden, als wir angefangen haben. Unser Papa hat schon seit fast 20 Jahren fast nur noch Burgunder, Riesling und Chardonnay gepflanzt und das in wirklich guten Lagen. Wenn er das damals nicht gemacht hätte, würden wir jetzt hier heute nicht sitzen und über Stilistik mit dir reden. Dann hätten wir ganz andere Probleme zu lösen. Auf dem Rebsortenportfolio, das er uns übergeben hat, können wir super gut aufbauen. An uns ist es jetzt, die Dinge zu verfeinern und immer stärker das in den Fokus zu rücken, von dem wir überzeugt sind, dass es unsere Stärke ist und sein wird: die Burgundersorten Chardonnay und Pinot Noir.

Mit den Stärken des Selztals spielen

Als Beobachter ist man verleitet zu sagen: Das ist ja völlig logisch, denn die Rahmenbedingungen der vergleichsweise kühlen Terroirs mit viel Kalk im Untergrund sprechen einfach für diese Sorten.

Unser Ziel ist es, dass wir diese Mineralität vom Kalkstein, die wir hier einfach im Selztal vorfinden, so pur wie es geht ins Glas bringen. Und da sind halt einfach Chardonnay und Pinot die besten Rebsorten, das ins Glas zu transportieren. In einem weiteren Schritt haben wir unser Mittelsegment noch mal extrem verschlankt, so dass wir jetzt sehr viel mehr gute Lagen ins Gutsweinsegment reinnehmen können. Das wertet dieses Segment total auf.
Corinna Christian Keller von Sabine Steffens Held am Herd Blog

Foto: Sabine Steffens

Neue Optionen durch Flurbereinigung

Spannend ist natürlich die Frage, wie die beiden vor dem Hintergrund ihrer strategischen Ziele, die diversen Einzelpojekte anpacken. Wie planen und realisieren sie zum Beispiel ihre Neuanpflanzungsvorhaben? Welche Rolle spielen die verschiedenen Aspekte, die hier von Bedeutung sind: Standortwahl, Rebsorte, Genetik, Erziehung, Pflanzdichte und so weiter?

Viele Projekte wären gar nicht möglich gewesen ohne die Flurbereinigung in Stadecken. In Elsheim ist nichts flurbereinigt. Da haben wir echt coole Sachen vorgefunden, aber in Stadecken sah es ganz anders aus. Hier hat uns die Flurbereinigung enorm geholfen. Da hatten wir die Möglichkeit, auf einen Schlag vier Hektar ganz neu zu planen und eben zu gucken, welche Flächen wollen wir haben, wie und mit welchen Rebsorten wollen wir sie bestocken. Dadurch können wir jetzt größere zusammenhängende Flächen bewirtschaften. Das ist sowohl für unsere ökologische Bewirtschaftung extrem positiv und es spart Traktorfahrten, Diesel und Zeit.

Bedeutung der Pflanzgenetik

Auf meine Nachfrage, welche Rolle Überlegungen hinsichtlich der Pflanzgenetik oder auch der Wahl von Klonen spielen, antwortet Christian:

Eine riesige Rolle. Das ist der absolute Kernpunkt, den du ansprichst, wenn man sich mit Qualität auseinandersetzt. Ist das Pfanzmaterial nicht optimal, stößt man früher oder später an Grenzen. Da kannst Du ansonsten noch so viel richtig machen. Du hast zwar die richtige Rebsorte in der richtigen Lage im richtigen Rebalter, aber wenn es keine hochwertige Genetik ist, wird die Anlage nie die Qualität bringen, die du haben möchtest.
Deshalb hat das Thema für uns höchste Priorität. Wir besorgen deshalb Pflanzmaterial in Frankreich und durften uns auch schon Selektionen bei Winzerkollegen schneiden. Wir brauchen Klone, die uns von Anfang an eben eine schöne Konzentration bringen, gerade auch im Spätburgundenbereich ein tolles Tannin mitbringen. Und da ist einfach der Unterschied zwischen dem, was du hier in Deutschland an Pflanzgut bekommst und dem, was man aus Frankreich bekommen kann, ziemlich groß. Die bringen oft bereits als Jungreben mehr als alte Anlagen mit Klonen aus Deutschland oder der Schweiz. Und deshalb blicken wir auch sehr zuversichtlich in die Zukunft blicken, weil wir jetzt wissen, was wir alles schon gepflanzt haben, was da alles schon steht. Das ist einfach eine komplett andere Hausnummer als das, was wir hier ansonsten so vorgefunden haben.
Corinna Eppelmann von Sabine Steffens Held am Herd Blog

Foto: Sabine Steffens

Bodenmanagement und Humusaufbau

Wie wichtig ist Corinna und Christian das Bodenmanagement? Wie gestalten sie es?

Über das passende Bodenmanagement machen wir uns viele Gedanken. Wir sind sehr glücklich, dass unser Papa schon jahrelang mit Begrünungen gearbeitet hat. Er hat schon sehr früh angefangen, im Herbst unter anderem Raps, Weizen, Roggen einzusähen. Es geht dabei darum, den Stickstoff, der im Boden ist, zu speichern und im nächsten Frühjahr, wenn die Rebe wieder Bedarf hat, dann eben freizusetzen. Und so werden die Humusgehalte immer besser. Und man sieht es jetzt auch in den trockenen Jahren, dass der Humus unheimlich gut das Wasser speichert. Deshalb werden wir uns in den nächsten noch mehr darum kümmern.

Christian hat kürzlich einen Kurs zum Thema „Humus Farming“ besucht. Da ging um den Themenkomplex Bodenvitalität, Pflanzenernährung, Begrünungsmanagement und Optionen zur Beschattung des Bodens.

Das ist ein System, in das wir jetzt viel Geld und Zeit investieren und bestimmt auch ein paar Fehler machen, aber langfristig erhoffen wir uns einen riesigen Output, einfach weil es den Weinbergen dadurch besser geht.
Corinna Christian Hof von Wolfgang Staudt

Foto: Wolfgang Staudt

Die Bedeutung des sanften Rebschnitts

Wir haben dann noch über die Bedeutung des sanften Rebschnitts für die Rebgesundheit gesprochen und inwiefern dadurch der weiteren Ausbreitung der Stockerkrankung durch „Esca“ Einhalt geboten werden kann. Christian wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich die Rebgesundheit durch den Einsatz von Pflanzenstärkungsmitteln verbessern ließe. Logisch eigentlich, denn je besser es dem Rebstock geht, desto weniger anfällig ist er für Pilzkrankheiten.

Terra F im Glas - die neue Linie im Weingut Eppelmann

Einen spannenden Wein haben wir dann auch noch gemeinsam verkostet, den Chardonnay Terra F. Der ist das neueste Baby der beiden. Corinna erklärt die Besonderheiten.

Terra F kommt vom Terra Fusca. Das ist die Bezeichnung für Boden, auf dem die Trauben gewachsen sind. Der ist sehr skelettreich, kalkhaltig und generell sehr karg. Das ergibt dann einen ultramineralischen Weintyp. Wir machen das für Spätburgunder und für Chardonnay, also eine rote und weiße Version des Terra F. Das Besondere ist, dass diese beiden Weine ein bisschen mehr Holzeinfluss zeigen und sich ein bisschen wilder präsentieren als die rein herkunftsgeprägten Abfüllungen.
Corinna Christian von Wolfgang Staudt

Foto: Wolfgang Staudt

Dem Wein Zeit lassen

Der Weg dorthin führt über langen Hefekontakt, Mikrooxidation im Barrique und gelegentliche Bâtonnage. Erst kurz bevor die neue Lese ansteht, werden die Weine den Fässern entnommen und verschnitten. Im Anschluss haben sie dann noch mal bis Weihnachten Zeit im Edelstahltank für ihre Vermählung.

Früher haben unsere Weine nie diese Langlebigkeit gezeigt, die wir eigentlich wollten. Und deshalb war im Jahrgang 2020 unser Key Learning: Wir müssen dem Wein im Werdungsprozess mehr Zeit geben, weil wir ansonsten weder Präzision noch Alterungspotenzial in die Flasche bekommen.

Starke Sekt-Performance

Unser finales Thema ist der in Flaschen vergorene Sekt von Corinna und Christian, der sich immer mehr zu einer neuen Stärke des Betriebes entwickelt. Noch ist es ein Gehimtipp, aber was da aktuell im Keller der Vermarktung entgegen reift, verspricht Großartiges. Wie die beiden das anstellen und mit welchen Plänen sie in die Zukunft blicken, erfahrt Ihr im Podcast. Reinhören heißt die Devise - oder Hinfahren!

Lasst es Euch schmecken!

Wolfgang


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