Frank Schindler vom Weingut Esterhazy im Podcast Genuss im Bus

Frank Schindler vom Weingut Esterhazy im Podcast Genuss im Bus



Frank Schindler vom Weingut Esterhazy im Podcast Genuss im Bus

Mit Frank Schindler kommt frischer Wind und eine brillante Strategie - das Weingut Esterhazy wird fit die Zukunft

Eine weitere Epsiode meines Podcasts "Genuss im Bus" setzt mit Frank Schindler die mehrteilige Serie rund um den österreichischen Wein fort. Der Mitvierziger Frank Schindler hat 2019 das Regiment beim traditionsreichen Weingut Esterhazy im Burgenland übernommen. Er selbst bezeichnet sich als „viel gereister Europäer“.

Aufgewachsen ist er in Halle an der Saale, dann kurz vor der Wende nach Hannover gegangen, um wenig später in Köln Sportmedizin zu studieren. Über viele Jahre war er Mitglied im deutschen Nationalmannschaftskader im Schwimmen und Rettungsschwimmen, bevor er das Genre gewechselt und sein Leben dem Wein gewidmet hat.

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Vom Waschbrett zum Waschbär

In Geisenheim hat er sich zunächst zum Weinakademiker ausbilden lassen und dann an der FH Burgenland den Master auf dem Feld des internationalen Weinmarketings gemacht. Nicht zuletzt, weil Frank Schindler die Welt der Genüsse so sehr liebt.

Genuss ist was Wundervolles. Ich bin von Waschbrett auf Waschbär umgestiegen und das nicht ganz zu Unrecht. Ich esse und trinke wahnsinnig gern. Das ist der Zentrum meines Lebens. Und da gehören auch viele andere schöne Dinge dazu, wie Uhren, Autos, Schuhe, einfach alles, was schön ist. Also Genuss ist immer mein Lebensmittelpunkt.

Vom Handel in die Produktion - Frank Schindlers Traum geht in Erfüllung

In 2006 ist er nach Südtirol gegangen, um in Bozen beim Weinhandel Vinum anzuheuern - zunächst als Mitglied der Geschäftsleitung und ab 2013 als Geschäftsführer. Dort hat er fast 15 Jahre verbracht und sich in dieser Zeit die Sporen für sein heutiges Projekt verdient: die Leitung des Weinguts Esterhazy. Er sagt:

„Für mich ist damit ein Traum in Erfüllung gegangen. Ich habe immer gesagt, der nächste Schritt nach dem Handel kann nur Produktion heißen.“

Binnen kürzester Zeit hat er bei Esterhazy für so viel frischen Wind gesorgt, dass landauf landab von einer wundervollen Auferstehung, von einer unerwarteten Renaissance dieses traditionsreichen Weinguts gesprochen wird. Man sagt, Frank habe dem Weingut seine Seele zurückgegeben.

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Teamplaying - ein offenes Erfolgsgeheimnis

Frank hat ein ungemein junges Team um sich herum geschart und setzt der Kommunikation mit ihnen auf flache Hierarchien.

Da mussten sich alle erst mal dran gewöhnen, aber jetzt sind Stimmung und Gemeinschaftsgeist riesig.

Ins Schärmen gerät Frank Schindler vor allem, wenn er auf seinen Kellermeister, den Südafrikaner Robert Krammer zu sprechen kommt.

Der Rob ist ein unglaublich toller Mensch. In der Weinbranche gilt Südafrika ja so ein bisschen als ein Mittler zwischen der alten und der neuen Welt und das sehe ich jetzt hier jedes Mal wieder. Die Lockerheit und die Coolness, die Rob an den Tag legt, ist für das soziale Miteinander hier bei Esterhazy ein Riesengewinn. Ohne ihn wäre es mit mir manchmal schwierig. Er ist mein erfrischender Gegenpart und das ist enorm wichtig.

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Frank Schindlers Liebe zum Burgenland

Nicht nur sein Team, sondern auch das Burgenland hat Frank in sein Herz geschlossen. Er liebt die bodenständige, unprätenziöse Art der Menschen.

Die Menschen hier sind ungemein herzlich, es ist eine echte Multikulti Gemeinschaft. Sie fühlen sich deshalb nicht primär als Österreicher, Deutsche, Ungarn oder Kroaten, sondern als Europäer. Und das macht das Leben hier sehr schön und ausgesprochen lebenswert.

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Das Weingut Esterhazy

Das Weingut Esterhazy ist ein kleiner Teil der Mitte der 1990er Jahre ins Leben gerufenen Esterházy Stiftungen. Da die letzte Erbin, die Melinda Esterhazy, keine Nachfahren hatte, wäre es fast zur Aufteilung der Bessitztümer gekommen. Und daraufhin hat man sich entschlossen, die ganzen Besitztümer in drei Stiftungen einzubringen.

Zum Grundbesitz der Stiftungen zählen knapp 50.000 Hektar Land- und Forstwirtschaftsflächen mit Wäldern, Ackerflächen, Teile des Neusiedler Sees und viele Weingärten. Der Kulturbesitz umfasst mehrere Burgen und Schlösser, die alle der Öffentlichkeit zugänglich sind.

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Esterhazy auf Kurs bringen - Herkunft als neuer Fokus

Nachdem das Weingut Esterhazy im Jahr 2006 die neuen Gebäude bezogen hatte, war Vieles und Wichtiges passiert. Die Weinqualität hatte sich verbessert und insbesondere auf den Überseemärkten konnten schöne Erfolge verbucht werden. Dennoch gab es, als Frank Schindler 2019 die Geschäftsführung übernahm ein paar Dinge, die aus seiner Sicht nicht gepasst haben. Dafür mussten Lösungen gefunden werden.

Qualität der Rebanlagen

Jedes Weingut hat einen Anker und dieser Anker sind immer die Rebflächen. Wir haben das analysiert und schon bald die Entscheidung getroffen, uns von Standorten zu trennen. Sie passten nicht, weil sie nicht die Traubenqualitäten hervorbrachten, die mir und dem Team wichtig waren.

Regionalität beim Rebsortenportfolio

Der zweite Anker sind die Rebsorten, die man in der Region hat. Vor meiner Zeit gab es Berater, die Rebsorten empfohlen haben, die nicht zur Region passen. Ich habe hier bereits umgesteuert und werde weiter umsteuern. Merlot z.B. passt als Leitrebsorte nicht ins Burgenland.

Weinstilistik - Neujustierungen beim Tannin- und das Alkoholmanagement

Zur Verankerung in der Region gehört auch die Weinstilistik. Auch hier gab es Defizite. Zentral aus meiner Sicht waren zwei Themen: das Tannin- und das Alkoholmanagement. Wir akzeptieren heute keine Weine mit 14 oder 15 Volumenprozent. Früher hat man gesagt, die Trauben müssen doch reif sein. Mittlerweile wissen wir, das geht auch anders. Und das Zweite ist, wir akzeptieren keine Weine mehr, die zehn Jahre im Keller liegen müssen, bis sie überhaupt trinkbar sind. Ein guter Wein muss auch nach zwei Jahren zu trinken sein. Deshalb muss das Tannin reif sein, und es muss immer saftig sein, nie trocknen. Und auch Weißweine dürfen Tannin haben. Interessant ist, dass unsere Weißweine gerade an Struktur dazugewinnen und unsere Rotweine an Struktur verlieren.

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Produktportfolio verschlanken

Es gab hier eine riesengroße Vielfalt an Etiketten. Das gehört sicher einerseits zu Esterhazy, aber dennoch hat die Orientierung ein bisschen gefehlt. Und da war es in einem ersten Schritt relativ wichtig, die Herkunft Leithaberg in den Mittelpunkt zu stellen und von der zweistufigen auf die dreistufige Pyramide zu wechseln - jetzt mit Gebietsweinen, Ortsweinen und Lagenweinen. Wenn ich von Gebiets-, Orts- und Lagenweinen rede, rede ich von Frucht, Kraft und Kargheit.

Die Gebietsweine ziert der Orden vom Goldenen Vlies. Sie werden als Estoras bezeichnet, dem lateinischen Namen für Esterhazy. Die Ortsweine bilden das eigentliche Herzstück der Pyramide. Sie transportieren den Einfluss der unterschiedlichen Weinbauorte zunehmend deutlich. Sie kommen ausgesprochen komplex daher, sind fein strukturiert und mit klarer, aber niemals vordergründigen Fruchtausprägung ausgestattet. Mit Preisen zwischen 14,50 und 18,70 Euro verfügen sie über ein exzellentes Preis-Genuss-Verhältnis.

Trennung von Weingut und Marke

Die Trennung von Weingut und Marke war nach Ansicht von Frank Schindler zu wenig nachvollziehbar.

Deshalb setze ich alles daran, das Weingut Esterhazy ausschließlich mit qualitativ hochwertigen, also mit fine wine in Verbindung zu bringen und unsere Markenweine, die vor allem in Übersee sehr erfolgreich sind, scharf davon zu trennen.

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Ökologie und Nachhaltigkeit

Ein wichtiger Schritt war für uns die Umstellung auf die biologische Bewirtschaftung und die Verankerung von echten Nachhaltigkeitsstrategien. Wir verkaufen sehr viel Wein in den skandinavischen Raum. Und da geht es erst in der zweiten Stunde des Gespräches um Wein, um Stilistik und Geschmack. Davor geht es um andere Fragen: Arbeitet Ihr biologisch? Was habt ihr für Verschlüsse? Wie viel Energie verwendet ihr? Wofür und woher kommt diese Energie? Wie viel Wasser braucht ihr? Um darauf die richtigen Antworten geben zu können, musst du biologisch und nachhaltig arbeiten.

Projektweine

Mit der Einführung sogenannter „Projektweine“ versucht Frank Schindler die Lernkurve in der Weinbereitung maximal hoch zu halten. Durch unkonventionelle Vinifikationstechniken, unterschiedliche Lagerbehälter, den Verzicht auf Reinzuchthefen, Schwefel oder Filtration entstehen auf diese Weise ungewöhnlich und in jeder Hinsicht völlig eigenständige Weine.

Wir haben zum Beispiel Blaufränkisch in verschiedenen Versionen als Blanc de Noirs, Rosé, Beaujolais-, Ripasso-, Amarone- und Vintageport-Typ vinifiziert. Noch ein bisschen schräger präsentiert sich der Inhalt einer für Weinliebhaber, Sommeliers und Genussmenschen höchst interessanten Sechser-Kiste mit verschiedenen Blaufränkisch. Die Weine wurden zunächst identisch vinifiziert, dann aber in verschiedenen Behältern ausgebaut: Edelstahl, Eichenfass, Zement, Granit, Keramik- und Tonamphore.

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Foto: Lisa Schulcz

Projekt Sechser-Kiste Blaufränkisch

Bei diesen sechs Blaufränkisch, die in Bezug auf Herkunft, Rebsorte und Erntedatum eigentlich identisch sind, macht nur der Behälter bzw. sein Material den Unterschied. Jedes Behältnis hat seine eigene Form: ein 500-Liter-Holzfass ist anders geschnitten als eine Amphore aus Keramik, Zement oder Ton oder Steingut. Das verändert nicht nur die Zirkulation des Mostes während der Gärung, sondern auch die Sauerstoffzufuhr und damit die Art und Intensität der Extraktion und Polymerisation. Holz zum Beispiel polymerisiert die Tannine aufgrund des Luftaustauschs schneller als jedes andere Behältnis. Das bringt auch Nuancen in die Färbung der Weine. Zur Individualisierung der Weine tragen schließlich auch die unterschiedlichen Gärtemperaturen bei, die von Behälter zu Behälter um bis zu 5 Grad Celsius schwanken.

Alle Projekte, die gut geworden sind, werden vermarktet. Aber es sind und bleiben Unikate. Die machen wir ein einziges Mal, egal wie gut sie geworden sind. Und dann überlegen wir, ob wir irgendeinen Teil davon in unsere normale Produktion übernehmen. Zum Beispiel unser Grüner Veltliner, den wir im Granit mit 2% Ganztraubenanteil ausgebaut haben. Das Ergebnis hat uns so gut gefallen, dass wir dieses Jahr auch bei den Gebiets- und Ortswein GV’s damit arbeiten werden.

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Verkostungseindrücke

2021 Blaufränkisch Rosé Großhöflein

Der 2021 Blaufränkisch Rosé Großhöflein zeigt sich generös und tiefgründig mit einem Strauß roter Beerenaromen. Am Gaumen ist er vollmundig, lebendig und frisch und endet mit einem bemerkenswert langen und salzigen Abgang. Exzellent!

2021 Projekt 20 Chenin Blanc

Dieser Chenin Blanc wurde spontan mit einem Ganztraubenanteil von 3% vergoren und 120 Tage auf der Hefe gelagert, bevor er weitere sechs Monate im Edelstahl ausgebaut wurde. Die Nase präsentiert sich zurückhaltend und dezent feinwürzig. Am Gaumen knochentrocken und ungemein säurelebendig. Intensiver, leidenschaftlicher Typ!

2021 Projekt 17 Gelber Muskateller

Sechs Wochen mit einem Anteil von 5% ganzen Trauben mazeriert und dann über fünf Monate in Betonamphoren ausgebaut. Würzig-aromatisches Bouquet von kandierten Zitronen, Holunderblüten und Muskat paart sich mit einem reichhaltigen und anregenden Gaumenauftritt. Gut strukturiert und mit deutlichem Grip im Finale.

2021 Projekt 21 Furmint

Mit 5 % ganzen Trauben spontan vergoren, anschließend 3 Monate auf der Hefe gelagert und weitere Reifezeit Im Edelstahl. In der Nase zeigen sich Noten von Reineclauden, Äpfeln und Nüssen. Am Gaumen ist er frisch und nervös mit bitteren Noten. Braucht Zeit.

2020 Grüner Veltliner Leithaberg

Attraktive, feingliedrige Nase mit zarten Feuersteinnoten. Der Auftakt am Gaumen ist schlank, elegant und frisch mit feine, Gerbstoffeintrag. Zeigt im phenolischen Finale beachtliche Länge.

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Das Weingut Esterhazy ist für die Zukunft gerüstet

Es ist schon sehr beeindruckend, wie es Frank Schindler binnen kürzester Zeit - natürlich mit Unterstützung seines Teams und vor allem durch die Zusammenarbeit mit Kellermeister Rob Krammer - gelungen ist, das Weingut Esterhazy für die Zukunft flott zu machen. Wenn Du Frank Schindler noch ein bisschen besser kennenlernen möchtest, dann hör' am besten gleich rein in die Podcast-Episode.

Die nächste Episode von Genuss im Bus geht planmäßig am 7. Oktober an den Start. Anders als gewohnt, habe ich bislang noch nicht entschieden, wer dann am Mikrofon Platz nimmt.

Nichts desto trotz freue ich mich sehr, wenn Du wieder einschaltest. Für heute sage ich Tschüss und auf Wiedersehen und nicht vergessen

Lass’ es Dir schmecken!

Wolfgang

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