Für eine weitere Episode meines Podcasts "Genuss im Bus" habe ich mich auf den Weg ins Markgräflerland gemacht, also in die Weinbauregion zwischen Freiburg und Basel. In Heitersheim habe ich den Chef des ungemein traditionsreichen, bereits seit 1987 biologisch und seit 2010 biodynamisch geführten Weinguts Zähringer getroffen, den Fabian Zähringer.
Mitten in seiner Premiumlage Sonnhohle haben wir es uns an einem sommerlichen Frühlingsnachmittag bequem gemacht und ein lebhaftes Gespräch geführt. Wir sprechen unter anderem über seinen Werdegang, über Rudolph Steiner, die Weinbauregion Markgräflerland, die Sorte Gutedel, die Historie des Weinguts Zähringer, die Erfahrungen, die Fabian im Prozess der Betriebsübergabe gemacht hat und die Chancen und Risiken, in der heutigen Zeit ein erfülltes Leben als Winzer zu bestreiten.
Fabian hat nicht den direkten Weg ins elterliche Weingut gewählt. Nach dem Abitur träumte er zunächst von einer ganz anderen beruflichen Perspektive. Wichtig war ihm vor allem, erst einmal die Heimat zu veranlassen und sich fernab familiärer Nestwärme zu erproben.
Ich bin erst mal nach Australien und habe dort meinen Zivildienst gemacht. Dann habe ich verschiedene Praktika gemacht, unter anderem in der IT-Branche. Dann fand ich Gefallen ander Vorstellung, ein Studium zu beginnen, das mit Perspektiven für den diplomatischen Dienst oder eine Anstellung bei internationalen Organisationen eröffnet. Und so entschloss ich mich in St. Gallen Politikwissenschaft zu studieren. Das Studium dort prädestiniert fnämlich ür den Auswärtigen Dienst.
Doch nach erfolgreichem Abschluss des Studiums fand Fabian den Einstieg ins elterliche Weingut verlockender als eine Karriere im diplomatischen Dienst.
Mir wurde plötzlich klar, was es zu Hause für einen Schatz gab. Ich fand es ungemein verlockend, schon in jungen Jahren richtig unternehmerisch gestalten zu können. Das ist ja eine Riesenchance. Und mir wurde damals auch klar, dass so ein Weingut zu führen nicht irgendeine unternehmerische Aktivität ist, sondern eine ganz besondere, eine mit sehr viel sozialen und kulturellen Implikationen. Also probiere ich es mal, habe ich mir gesagt.
Auf die mittlerweile 10 Jahre im Weingut schaut Fabian mit sehr viel Zufriedenheit. Er meint:
Ich habe hier wirklich meine Berufung gefunden. Es ist ein unglaublich schöner und befriedigender Job.
Rudolf Steiner und seine Lehren sind aus Fabias Leben nicht wegzudenken. Seine Mutter ist Walldorf-Pädagogin, er selbst hat 13 Jahre die Walldorf-Schule besucht und mit dem elterlichen Weingut einen biodynamischen Betrieb übernommen. Sein komplexes, nicht immer widerspruchsfreies Verhältnis diesem Denker gegenüber beschreibt Fabian heute so:
Ich reibe mich immer wieder an den Ideen von Rudi, bin manchmal frustriert und quäle mich nicht selten an seiner sehr schwülstigen Sprache. In anderen Momenten bin ich wiederum total begeistert, wie weitsichtig und weise dieser Mann schon vor 100 Jahren war. Und ja, je älter ich werde, desto mehr entdecke ich, wie cool diese Ideen eigentlich sind. Besonders gefällt mir, dass bei ihm dieses freiheitliche Denken im Vordergrund steht, dass der Mensch im Vordergrund steht. Und ja, Rudolf Steiner ist ein Mensch, an dem man sich sehr gut reiben kann. Wahrscheinlich kommt man mit seinen Ideen weiter, wenn man nicht immer alles wörtlich nimmt, wenn man seine Texte mit einer gewissen Distanz liest und sozusagen auch an der einen oder anderen Stelle selbst weiterdenkt.
Paulin Köpfer ist der langjährige Betriebsleiter des Weinguts Zähringer. Seine große Bedeutung für das Weingut Zähringer und ihn persönlich erläutert Fabian so:
Er ist unser langjähriger Betriebsleiter. Er ist schon seit 35 Jahren bei uns. Als er im Jahr 1987 als junger motivierter Kerl zu uns kam, hatte er schon Erfahrung im Bioweinbau. Das war für meinen Vater, der die Bioumstellung gerade begonnen hatte, ein Riesenglück. Bis auf den heutigen Tag ackert und rackert der Paulin für unseren Betrieb. Wir haben ihm extrem viel zu verdanken, auch ich persönlich.
Auch im Prozess der Betriebsübergabe kommt Paulin Köpfer eine Schlüsselrolle zu - als Mediator, Schlichter und einer, der gute Laune verbreitet hat, wenn die Fronten sich mal zu verhärten schienen.
Wer in der Weinwelt unterwegs ist, der weiß, dass das Thema der Nachfolgeregelung nicht immer so ganz leicht ist, vor allem, wenn da mehrere starke Persönlichkeiten aufeinander knallen. Dann sind Spannungen vorprogrammiert. Und der Paulin hat ganz oft geschlichtet. Er war da einfach eine wichtige Person. Diese wichtige Person ist er heute noch immer.
Um allerdings den Prozess der Betriebsübergabe schlussendlich zu einem guten Ende zu bringen, haben Fabian und Wolfgang Zähringer auf den letzten Metern auf einen Coach zurückgegriffen.
Wir sind da sicher ein Stück weit naiv rangegangen. Wir dachten, im Grunde verstehen wir uns ja sehr gut und dann wird das schon klappen. Wir glaubten, auf Verträge und einen Coach verzichten zu können. Doch dann kamen diese ganzen wirtschaftlichen Themen auf und mit ihnen auch Ängste bei meinem Vater. Kann der Sohn das überhaupt? Was mache ich denn, wenn der mir meine Rente vergeigt. Es steckt ja schließlich alles im Betrieb. Diese Dimensionen haben wir tatsächlich unterschätzt. Zumal das Weingut damals in einer schwierigen Phase war. Es waren die Jahre der Wirtschaftskrise 2009 und 2010. Da hatten wir plötzlich rückläufige Umsätze. Nichts schien mehr sicher, alles war in Bewegung. Wir haben uns dann auf den letzten Drücker einen Coach geholt. Sie hat uns wirklich gerettet.
Fabian verbindet mit dieser Geschichte einen Appell an die vielen Winzerfamilien, die vor ähnlichen Herausforderungen stehen:
Holt Euch Unterstützung! Es ist oft einfach wichtig, dass da einer dazwischen sitzt und ein bisschen moderieren kann. Dieses Geld ist wahnsinnig gut investiert. Hätten wir das schon fünf Jahre früher gemacht, dann hätten wir uns sehr viel Reibereien einfach erspart.
Biodiversität
Biodiversität ist extrem wichtig und für uns eines der obersten Ziele unseres Wirtschaftens. Wir versuchen, möglichst viel Leben im Weinberg zu erhalten. Einfach auch, um dann, wenn alles gut klappt, diesen Betrieb an die siebte Generation übergeben zu können und sagen zu können: Hey Sohn oder wer auch immer dann Bock drauf hat, du hast hier einen wirklich gesunden Weinberg und einen gesunden Betrieb.
Gutedel
Gutedel zählt für Fabian zu den unterschätzten Rebsorten. Ihr ganzen Potenzial bekommt man seiner Ansicht nach jedoch nur dann in die Flasche, wenn man die Erträge stark begrenzt.
Wir haben hier ideale Bedingungen für terroirgeprägte Weine. Vor allem die Sorte Gutedel oder Chasselas, wie die Varietät in der Schweiz genannt wird, performt hier großartig. Sie ist - wie nur wenige andere Sorten - in der Lage, Herkunft zu zeigen. Die wenig akzentuierte Aromatik der Sorte erlaubt es dem Terroir – dieser geheimnisvollen Alchemie von Boden, Mikroklima, Topografie und Winzerhandschrift –, sich im Wein fast ungeschminkt zu artikulieren.
Erzeugergemeinschaft
Fabian ist überzeugt, dass es sich beim Modell der Erzeugergemeinschaft um eine zukunftsträchtige, mit vielerlei Synergien gesegnete Betriebsstruktur handelt, auch weil beim Pflanzenschutz und vielen anderen Arbeiten wechselseitig unterstützt werden kann.
Die Erzeugergemeinschaft ist seit den 70er Jahren unser Betriebsmodell. Diese Form der Zusammenarbeit ermöglicht es uns, dass wir außer unseren eigenen Weinbergen auch noch Trauben von anderen Winzern zukaufen können. Das geschieht auf der Basis von langfristigen Verträgen, was beiden Seiten langfristige Perspektive eröffnet. Wir wissen, wie unsere Winzer arbeiten, eben genau so biodynamisch wie wir auch.
Die Basis des Sortiments bilden die Gutsweine. Sie stammen aus ertragsreduzierten Anlagen der Heitersheimer Sonnhohle, dem Maltesergarten und dem Castellberg. Die Weißweine werden im Stahltank ausgebaut. Fabian zielt in ihrem Falle auf eine sortentypische und frische Stilistik. Zu den weißen Gutsweinen aus den Sorten Müller-Thurgau, Johanniter, Sauvignon Blanc, Weißburgunder, Grauburgunder, Chardonnay und Gewürztraminer gesellen sich mehrere rote Vertreter: Spätburgunder, Merlot, Cabernet Franc, Frühburgunder und eine Cabernet Cuvée. Alle eine Empfehlung wert!
Die Sortimentsspitze bilden die Lagen- und Reserveweine. Diese Selektionsweine stammen fast unisono aus den besten lokalen Lagen, der Sonnhohle und dem Castellberg. Um besonders konzentrierte und aromatische Trauben zu erhalten, wird im Weinberg viel in Pflegearbeiten investiert und die Erträge werden stark reduziert. Alle Trauben werden von Hand gelesen und schonend weiterverarbeitet.
In 14 Tagen geht es weiter hier im Podcast. Dann bin ich in Churfranken unterwegs, treffe dort erstmals nicht eine Winzerin oder einen Winzer, sondern den CEO eines traditionsreichen Spirituosenherstellers. Es ist Andreas Rock von der Brennerei Ziegler in Freudenberg (rechts im Bild).
Mit Andreas will ich u.a. über den Relaunch der Marke Ziegler diskutieren und erörtern, weshalb heute Klimaneutralität und Nachhaltigkeitsstrategien auch für eine Brennerei unverzichtbar sind.
Zugleich werfe ich mit ihm auch einen kritischen Blick auf die Chancen und Risiken eines Edelbrandes in Zeiten geringeren Alkoholkonsums und anhaltender Gastrokrisen.
Ich freue mich, wenn du dann in 14 Tagen wieder einschaltest und dabei bist, wenn CEO Andreas Rock am Mikrofon von Genuss im Bus Platz nimmt. Bis dahin wünsche ich dir eine gute Zeit und sage für heute Tschüss und Auf Wiedersehen. Und nicht vergessen:
Lass es Dir schmecken!
Wolfgang
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