Das ist heute die 12. Folge meiner Serie zu Ehren von Hans-Günter Schwarz, der Winzer- und Kellermeisterlegende aus der Pfalz und langjähriger Regisseur beim Weingut Müller-Catoir in Neustadt an der Weinstraße.
Mein Interviewgast ist diesmal wieder einer seiner Schüler. Frank John kam jedoch nicht als klassischer Lehrling zu Hans-Günter Schwarz, sondern als Mitarbeiter, als einer, der bereits Ausbildung und Studium erfolgreich absolviert hatte, nun aber beim national und international führenden Kopf in Sachen Weißweinbereitung weiter lernen, man könnte sagen, sich den Feinschliff holen wollte. Frank John war von 1987 bis 1989 für insgesamt 3 Jahre bei Hans-Günter Schwarz tätig.
Anschließend arbeitete Frank John viele Jahre lang als angestellter Betriebsleiter zunächst bei Heyl zu Herrnsheim in Nierstein und anschließend beim Deidesheimer Weingut Reichsrat von Buhl. Heute ist er mit rund 250 Beratungstagen europaweit für mehr als 10.000 Hektar Weingärten zuständig. Als flying winemaker berät er vor allem solche Betriebe önologisch, ökologisch und ökonomisch, die sich im Prozess der Umstellung auf biologischen oder biodynamischen Weinbau befinden.
2002 erfüllte er sich einen Traum und kaufte in Neustadt-Königsbach den Hirschhorner Hof, ein 400 Jahre altes Renaissance-Anwesen mit beeindruckendem Kreuzgewölbekeller. Seither keltert er dort - parallel zu seiner Beratertätigkeit - Weine nach seinen ganz eigenen Vorstellungen, "Große Weine alter Schule", wie er das nennt.
Im Weinberg wird selbstverständlich auf Pestizide und Herbizide verzichtet. Stattdessen fördert Frank John mit diversen Einsaaten das Bodenleben. Er ist überzeugt, dass Begrünung Belebung bedeutet. Es wird Humus aufgebaut und die Fruchtbarkeit des Bodens erhalten. "Je vielfältiger es blüht", meint er, "umso besser und schöner. Das stärkt die pflanzeneigene Widerstandskraft unserer Rebstöcke und sorgt für eine "Verlebendigung" des Bodens."
Mit dynamisierten Präparaten aus ausgewählten Mineralien, Pflanzen und tierischen Produkten fördert er die Widerstands- und Selbstheilungskräfte der Reben. Dazu gehört auch der Humusaufbau. Den Dünger und Kompost hierfür stellt er überwiegend selbst her. Oder er setzt Schafe und Ziegen ein, die durch ihre Ausscheidungen wertvolle Nährstoffe an den Boden abgeben. All das tut Frank John nach den Grundsätzen des biodynamischen Weinbaus.
Zur Weinherstellung wird nur bestes, handverlesenes Traubengut verwendet und anschließend behutsam und interventionsarm verarbeitet. Die Gärung und später auch der Biologische Säureabbau (BSA) erfolgen spontan. Die Schwefelgabe ist minimal und wird erst kurz vor der Füllung zugeführt.Dann schließt sich ein langer Ausbau in großen Holzfässern an. So entstehen im Ergebnis charaktervolle, elegante Weine mit Tiefe und einem großen Reifungspotenzial.
Während ich diesen Text schreibe, habe ich mir den 2017er Riesling Buntsandstein von Frank John eingeschenkt und beobachte seine spannende Performance. Der Wein wird von Minute zu Minute interessanter, vielschichtiger und redseliger. Im Auftakt war er schon ziemlich verschlossen, vielleicht auch deshalb, weil ich ihn ein bisschen zu kühl ins Glas gebracht habe.
Jetzt mit 12° und etwas Luft steht er da wie eine eins, changiert hin und her zwischen Frucht und Würze, brilliert mit einem schönen Mundgefühl und verabschiedet sich dann fokussiert, salzig und nachdrücklich lang. Den solltet ihr euch auch mal auf der Zunge zergehen lassen. Ein echter Genuss!
Im Interview mit mir erinnert sich Frank John unter anderem an die Nächte mit Hans-Günter Schwarz und den anderen Kollegen und Lehrlingen, wenn sie nach getaner Arbeit im Keller saßen, Wein tranken und eine ungemein schöne, entspannte und redselige Atmosphäre herrschte. Es wurde über Fachliches, Persönliches und Anekdotenhaften gesprochen, jeder ungezwungen und frei von der Leber, auch weil Hans-Günter Schwarz keine Hierarchien, sondern Begegnungen auf Augenhöhe liebte.
In zwei Tagen spreche ich mit dem Sensorik-Experten und Sommelierausbilder Martin Darting, der in den Jahren 1987/88 einen Teil seiner Lehre zum Winzerberuf bei Müller-Catoir und Hans-Günter Schwarz absolvierte.
Lass es dir schmecken!
Wolfgang
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