Für eine weitere Episode meines Podcasts "Genuss im Bus" mache ich mich auf den Weg in die ganz im Süden der Republik gelegene Weinregion Baden. Denn wer wie ich nach edlen Alternativen zu den berühmten weißen und roten Burgundern Ausschau hält, wird nicht zuletzt in diesem Teil Deutschlands fündig. Die feinsten Burgunder unter ihnen können zwar auch schon mal die 50 Euro-Marke knacken, aber es gibt auch hervorragende Weine, die weniger als die Hälfte, manche nicht mal ein Viertel dessen kosten, was unsere französischen Nachbarn dafür aufrufen. Sie verdienen unsere Aufmerksamkeit. Zum Beispiel die Weine des Tuniberg, westlich von Freiburg.
Der Tuniberg steht - vielleicht etwas zu Unrecht - im Schatten des vulkanischen Kaiserstuhls, der viermal so groß ist, landschaftlich und kulinarisch spektakulärer ist und eine ganze Reihe hervorragender Weingüter beheimatet. Dagegen ist der Tuniberg ein weitgehend unbeschriebenes Blatt.
Es handelt sich um einen Bergrücken mit einer Nord-Süd-Ausdehnung von etwa neun Kilometern und einer Ost-West-Ausdehnung von drei Kilometern. Er erstreckt sich zwischen Kaiserstuhl und Markgräflerland und zwischen Schwarzwald und Rhein. Es handelt sich um ein vergleichsweise warmes Gebiet und die von Löss bedeckten Kalkböden aus der Jurazeit machen es zu einer erstklassigen Herkunft für Burgunderweine, vor allem für Spätburgunder, der hier mehr als die Hälfte der rund 1.100 Hektar Rebfläche einnimmt. Der größte Teil davon ist terrassiert, um die Weinberge vor Erosion zu schützen.
Am Tuniberg steuere ich das Weingut der längst verstorbenen Brüder Mathis an, das früher Kalkbödele hieß, weil die Weinberge des Weinguts auf und um einen Kalksteinbruch herum liegen, der viele Jahre lang die Haupteinnahmequelle der Familie ist. Es wird 20 Jahre lang von Tochter Sonja Mathis-Stich mit Hilfe eines Betriebsleiters am Leben erhalten. Nachdem feststeht, dass Sonjas Sohn Severin nach seinem Weinbau- und Önologie-Studium in Geisenheim den Betrieb übernimmt, wird in den Keller und die Verkaufsräume investiert. Als Severin dann 2020 nach Merdingen zurückkehrt, kommt er jedoch nicht allein, sondern bringt die Pfälzer Winzerin Sabeth Sedlatschek mit, die er während seines Studiums kennenlernt. Ihr überlässt er Keller, Büro und Verkauf, während er sich um die 15 Hektar Weinberge kümmert, die er sofort auf biologische Anbaumethoden umstellt. Der Jahrgang 2023 ist der erste mit EU-Bio-Zertifizierung.
Die Weine der beiden aus den Sorten Weiß- und Grauburgunder, Chardonnay und Spätburgunder, strahlen eine berührende innere Ruhe und Harmonie aus. Sie sind zart und fein texturiert und gleichzeitig voller Energie. Es sind Weine, die ihr Herz auf der Zunge tragen und uns schon beim ersten Schluck in ihren Bann ziehen. Mich erstaunt insbesondere ihr Auxerrois und schon bei der ersten Begegnung frage ich mich, ob ein Auxerrois vom Tuniberg so betörend sein: in der Nase kühl, klar, frisch und lebhaft wie ein ins Tal hopsender Bergbach, am Gaumen präzise, elegant, energetisch und einem langen, fröhlichen Ausklang, der mir unweigerlich ein Lächeln entlockt.
Aber auch die Chardonnays und Grauburgunder überzeugen auf ganzer Linie. An der Spitze der Pinots stehen die Crus Hohrain und Rosenloch, deren 2021er gerade verfügbar sind, aufgrund der geringen Stückzahlen bei Erscheinen des Podcasts aber auch schon vergriffen sein können. Eine mehr als interessante Alternative ist dann der Spätburgunder Alte Rebe. Dieser dichte, unfiltrierte Pinot stammt von über 30 Jahre alten Reben und reift 18 Monate in kleinen Fässern. Mir gefällt er wegen seines ungemein saftigen und raffinierten Gaumenauftritts, seiner superfeinen Tannine und konzentrierten Kirschfrucht und weil er im Finale noch mal richtig Gas gibt und so auch als Speisenbegleiter eine gute Figur macht.
Im Podcast entspinnt ein intensives Gespräch. Von Sabeth und Severin will ich wissen, wie sie all das in so kurzer Zeit auf die Flasche bekommen, wie sie herangehen an die Pflege ihrer Weinberge und den Prozess der Weinbereitung. Ich will wissen, wie die beiden ticken, mit welchen Idealen und Werthaltungen sie durchs Leben gehen und was sich für die nächsten Jahre so alles vornehmen. Unbedingt reinhören!
Lasst es Euch schmecken!
Wolfgang
Stefan Kaupa
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