Gerd Bernhart - der Grenzgänger aus Schweigen in der Südpfalz

Gerd Bernhart - der Grenzgänger aus Schweigen in der Südpfalz

Gerd Bernhart - der Grenzgänger aus Schweigen in der Südpfalz

Gerd Bernhart aus Schweigen in der Südpfalz bewirtschaftet den Großteil seiner Rebanlagen im Elsaß, also auf französischem Grund und Boden. Das hat ihn und seine Familie geprägt - kulinarisch, kulturell-weltanschaulich und ganz sicher auch persönlich.

Für mich ist er einer der stillen Stars der Szene, ein Mensch mit Tiefe und einem ausgeprägten Sinn für die Zwischentöne im Leben. Ihm sind weder Emotionen noch sinnliches Erleben fremd und doch hat er zugleich auch ein Faible für intellektuellen Scharfsinn und nüchternes Abwägen.

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Gerd Bernhard: "Ich bin ein überzeugter Europäer!"

Er ist eben ein echter Grenzgänger, hat gelernt, offen und tolerant mit den unterschiedlichen Herausforderungen des Lebens umzugehen, nicht stereotyp sondern auf seine ganz persönliche Art - emphatisch, freundlich, eben südpfälzisch. Gerd Bernhart ist ein Mensch, der Persönlichkeit wagt und in Grenzüberschreitungen mehr Chancen als Risiken sieht. Im Grunde seines Herzens ist er nicht nur Familien- und Genussmensch, sondern auch ein überzeugter Europäer.

Ein überzeugter Europäer nicht zuletzt deshalb, weil seine südpfälzsiche Heimat in Schweigen immer Grenzgebiet gewesen ist und die Menschen hier der Kultur und Lebensart des benachbarten Elsass mindestens ebenso nahe stehen wie ihrer deutschen Umgebung. Die wechselnden Zugehörigkeiten des Elsass - mal zu Deutschland, dann wieder zu Frankreich - machte es jedoch den Menschen nicht immer leicht und nicht selten gingen Verluste von Arbeit und Landbesitz mit veränderten politischen Verhältnissen einher.

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Deutscher Wein von französischem Grund und Boden

Ende des 19. Jahrhunderts kaufte der Urgroßvater von Gerd Bernhart Weinberge rund um Weißenburg, selbstverständlich im festen Glauben, dass das Elsass auf ewig deutsch bleiben würde. Bis auf den heutigen Tag - trotz zweier Weltkriege, Enteignungen und allerlei vertragsrechtlicher Unsicherheiten - überquert Gerd Bernhert noch heute die Landesgrenze fast täglich, kultiviert das Gros seiner Rebanlagen auf elsässischen Grund und Boden, keltert und vermarktet aus den dort geernteten Trauben - auf der Basis prekärer Rechtsverhältnisse - jedoch ausschließlich deutsche Weine.

Zuletzt kam im Rahmen der Verabschiedung des neuen Weingesetzes erneut Unruhe im Gebiet auf. Denn in der Entwurfsfassung war der frühere Passus, der es den Schweigener Winzern erlaubte, aus ihren Weinbergslagen im Elsass deutschen Wein zu machen, gestrichen worden. Nur mit sehr viel diplomatischem Geschick ist es dann nach mehreren Verhandlungsrunden im Ergebnis doch gelungen, den langjährigen Status quo zu erhalten. Auf wie lange, bleibt abzuwarten, denn im Kern werden hier Verhältnisse geduldet, die mit geltendem EU-Recht nicht vereinbar sind.

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Schweigen - ein kleiner Hotspot in Deutschlands Weinszene

Vor diesem Hintergrund ist es ganz bemerkenswert, wie sich die Winzer in Schweigen in den vergangenen zwei Jahrzehnten entwickelt haben. Drei Betrieben dieser alles in allem doch recht kleinen Gemeinde ist sogar der Aufstieg in den renommierten Club der Prädikatsweingüter (VDP) gelungen. Neben den Weingütern Friedrich Becker und Jülg ist diese Ehre auch Gerd Bernhart zuteil geworden.

Gerd Bernhart erinnert sich an das Jahr 2004, als er gefragt wurde, ob er Miglied im VDP werden wolle.

"Zum VDP kamen wie wie die Jungfrau zum Kind. Obwohl im Vorfeld bereits geraume Zeit über uns als Aspiranten diskutiert wurde, wussten wir von all dem wirklich nichts. Und dann stand eines Tages der Kollege Becker vor der Tür und überbrachte die Nachricht. Wir sind aus allen Wolken gefallen, weil wir wirklich nicht damit gerechnet hätten."


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Weingut Bernhart - Spezialist für weiße und rote Burgunder

Gerd Bernhart hat sich für die Burgundersorten entschieden. Zwar baut er auch noch Riesling an, aber seine Liebe gilt Weiß- und Grauburgunder, Chardonnay und Auxerroix, Spätburgunder und St. Laurent. Er sagt dazu:

"Weder auf unseren vom Kalk geprägten Böden noch auf Lehm-Löss fühlt sich der Riesling besonders wohl. Aber vielleicht ist es auch die Nähe zu Frankreich, die den Schweigener Winzern insgesamt und auch uns hier im Hause Bernhart ein besonderes Händchen für die Burgundersorten gegeben hat."

Gerade im Falle des Weißburgunders zeigt sich, wie richtig er mit seiner Einschätzung liegt. Neben sehr viel Tiefe und Konzentration besitzen sie in meisten Jahren auch eine ungehuere Frische und Lebendigkeit - geschuldet sicher nicht zuletzt den Böden und dem vergleichsweise kühleren und feuchteren Klima.

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Das Aushängeschild ist der Spätburgunder

Gerd Bernharts Burgunderliebe wird bei seinen großen Rotweinen vielleicht am deutlichsten. Sie werden von Hand gelesen und spontan vergoren. Anschließend bekommen sie die Zeit, die sie brauchen, um erwachsen zu werden. Wer das Glück hat, einmal einen seiner Pinots im Glas zu haben, wird begeistert sein, wie feinfühlig hier der Spagat zwischen Kraft und Konzentration auf der einen Seite und Eleganz und Trinkfluss auf der anderen Seite gelingt.

In der Nase finden sich Noten von Cassis und Sauerkirsche, aber auch viel Würziges und Kräutriges. Alles wirkt fein gewoben und eher zurückhaltend als laut und extrovertiert. Sehr fein ist auch ihr Gaumenauftritt, vor allem wenn sie ein zwei Jahre Flaschenreife absolviert haben. Dann changiert ihre Textur zwischen samtiger Saftigkeit und seidiger Eleganz - ein Hochgenuss, ganz gleich ob wir ihre Stilistik deutsch oder französisch nennen.

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Sohn Marius steht bereits in den Startlöchern

Seit klar ist, das Sohn Marius Feuer für Wein und das Lebensprojekt "Winzer" gefangen hat, ist die Stimmung bei den Bernharts noch einmal mächtig angestiegen. Gert Bernhart meint:

"Ich bin darüber sehr glücklich. Schade ist allein, dass mein Vater das nicht mehr miterleben durfte. Er hätte sich sicher wahnsinning gefreut zu sehen, mit welcher Begeisterung Marius gerade unterwegs ist und wie schnell er sich in diese Richtung entwickelt hat."

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Erstes Lehrjahr im Weingut Dr. Wehrheim in Birkweiler

Marius ist ein sehr gutes Beispiel dafür, welche Bedeutung die Ausbildung bei inspierenden Menschen haben kann. Sein erstes Lehrjahr hat er im Weingut Dr. Wehrheim in Birkweiler verbracht. Es ist ein sehr familiär geführter Betrieb, der für jeden Lehrling echte Wohlfühlatmosphäre ausstrahlt. Zudem besitzt der junge Weingutschef Franz Wehrheim bereits mit Anfang 30 eine enorme Strahlkraft und einen Horizont, der weit über die Pfälzer Enge hinausreicht. Er ist ein idealer Sparringspartner, für all jene Auszubildenden, die erpischt darauf sind, sich weiterzuentwickeln.

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Zweites Lehrjahr im Weingut Huber in Malterdingen

Aktuell absolviert Marius sein zweites Lehrjahr im Breisgau bei Julian Huber, einem absoluten Burgunderspezialisten. Hierzu erläutert mir Gerd Bernhart:

"Was der Marius dort lernt, geht weit über die reinen Ausbildungsinhalte hinaus. Was ihm dort begegnet, ist Weinkultur vom Feinsten. Er hat Gelegenheit, viele große Weine zu verkosten und er bekommt intime Einblicke in die Welt der feinen Burgunder. Er lernt die wichtigsten und innvativsten Produzenten kennen sowie ihre Strategien und Techniken der Weinbereitung. So einen Ausbildungsplatz zu haben, ist ein echter Schatz."

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Tasting mit Gerd Bernhart - demnächst

Weil der Termin des Tastings mit Gerd Bernhart heute noch nicht feststeht, hier zumindest die Ankündigung und der Hinweis, dass wir rechtzeigtig darauf hinweisen werden. Definitiv wird es ein gemeinsames Online Tasting werden und Gerd wird von Anfang an dabei sein.

Nächste Podcast Epsiode mit Christian Hirsch

In der nächsten Episode meines Podcasts "Genuss im Bus" am 21. Mai wird Christian Hirsch von "Hirsch ist Wild" aus Leingarten zu Gast sein. Christian ist ein ungemein lebendiger, lebhafter und sympathischer Typ, der viel von dem, war er heute ist und was seine Weinstilistik ausmacht, in Kalifornien gelernt. Es ist eine Weinstilistik, die im Ländle ihrengleichen sucht, eigenwillig individuell und doch hin und wieder auch nahe am Typus "Everybody's Darling".

Bis dahin lass' es Dir schmecken!

Wolfgang

1 Kommentar

  • Ein hochinteressanter Beitrag. Ich kenne das Weingut Bernhart schon seit mehreren Jahren, die persönlichen Begegnungen bei der Weinverkostung oder beim Hoffest spiegeln genau wieder, was ein Familienbetrieb ausmachen sollte. Daneben sind die Weine einfach großartig. Wir freuen uns schon auf unseren nächsten Besuch in Schweigen.
    Vielen Dank für dieses Interview.

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