Im Rahmen meines Wein-Podcasts "Genuss im Bus" habe ich mit dem Winzer und Weingutsbesitzer Jens Bettenheimer gesprochen. Ich war im Norden von Rheinhessen unterwegs, genauer gesagt in Ingelheim am Rhein. Von hier reicht der Blick auf die berühmtere, glamourösere andere Rheinseite, den Rheingau und er dürfte bis noch vor wenigen Jahren von sehr viel Wehmut begleitet gewesen sein.
Denn es ist lange her, dass sich Ingelheimer und Rheingauer Gewächse auf Augenhöhe begegneten. An diese Zeit erinnert sich heute kaum noch jemand, ja fast scheint es so, als sei diese aus dem kollektiven Gedächtnis gelöscht worden.
Doch auch die Rotweinstadt Ingelheim hat eine große, berühmte Vergangenheit. Historisch bedeutend ist Ingelheim nicht nur durch die Kaiserpfalz, die Karl der Große hier Ende des 8. und Anfang des 9. Jahrhunderts errichten ließ, sondern auch aufgrund der enormen Wertschätzung, die die Spätburgunder der vor allem vom Kalk geprägten Terroirs vor mehr als 100 Jahren genossen.
Sie zählten damals zu den teuersten Rotweinen der Welt und wurden zu ähnlich hohen Preisen vermarktet wie die besten und gefragtesten Gewächse aus Bordeaux und Burgund. Das belegen die Weinkarten der führender Restaurants aus der damaligen Zeit. Doch dann kamen zwei Weltkriege und der Holocoust und mit ihnen begann der Niedergang der feinen Weine Ingelheims.
Forciert und schließlich endgültig besiegelt wurde dieser Niedergang durch die Nachkriegsentwicklung. Zunächst schien es, als könnte die Euphorie des Wirtschaftswunders dem Weinbau mit allerlei technischen und chemischen Verlockungen neues Leben eingehauchen. Aber da es dabei vor allem darum ging, einen wachsenen Massenmarkt zu bedienen, hatten aufwendige, primär händische Produktionsverfahren ausgedient.
Möglichst große Mengen mussten möglichst billig erzeugt werden. Für Ingelheim und viele andere, ehemals berühmte deutsche Weinregionen begann ein lang anhaltender Abstieg. Und während gegen Ende des 20. Jahrhunderts allmählich immer mehr deutsche Weinbaugemeinden den langwierigen Weg der Gesundung und Rehabilitierung antraten, schien es so, als sollte Ingelheim die rote Laterne behalten und nie mehr so richtig wieder auf die Beine kommen.
Erst im letzten Jahrzehnt ist - zunächst langsam, dann allmählich mit immer mehr Fahrt - eine beachtliche Dynamik in Gang gekommen und wie so oft waren es vor allem die Jüngeren, die den Schwung und die Chancen des Generationenwechsels für eine Neuausrichtung genutzt haben.
Da sind zum einen die Nachwuchskräfte in den etablierten Weingütern wie Neuss, Wasem und Werner. Sie haben frischen Wind, eine Top-Qualifikation und jede Menge Auslandserfahrung in die elterlichen Betriebe eingebracht und so entscheidend zur Profilschärfung und Qualitätsfortschritten beigetragen.
Und da sind zum anderen die jungen Wilden rund um Simone Adams, Carsten Saalwächter und Jens Bettenheimer. Sie mussten weitgehend von vorne anfangen, dabei eigene Ideen und Konzepte entwickeln und unternehmerische Risiken eingehen. Alle haben sie Anteil daran, dass Ingelheim auf Deutschlands Weinlandkarte heute wieder zu sehen ist.
Auf gut 600 Hektar Fläche wird heute in Ingelheim Wein angebaut, mehr als die Hälfte davon ist mit Rotweinreben bestockt, rund 60 Prozent davon entfallen auf den Spätburgunder. Spannende Resultate erbringen hier auch die anderen Burgundersorten, der Frühbugunder, Grau- und Weißburgunder und Chardonnay. Noch immer etwas stiefmütterlich wird der Silvaner behandelt, wenngleich auch er mit den Ingelheimer Gegebenheiten erstklassisch zurecht kommt und - wie einige Beipsiele zeigen - zu Großartigem imstande ist.
Eine Besonderheit Ingelheims besteht darin, dass es hier nie wirklich - anders als in weiten Teilen Rheinhessens - eine Flurbereinigung gab. Die über Millionen von Jahren entstandene Bodenstruktur ist deshalb noch weitestgehend intakt und die Rebfläche verteilt sich auf sehr viele kleine Parzellen mit jeweils ganz eigener Charakteristik.
Die Landschaft hat sich so nicht nur eine originäre Qualitätsressource, sondern auch etwas ungemein romantisches bewahren können: kleine, gewundene Straßen, holprige Hohlwege, verstreut liegende Rebflächen, dazwischen Feldholzinseln, alte Obstbäume und Trockenmauern.
Mit Jens Bettenheimer, dem studierten Geisenheimer Önologen vom Weingut Bettenheimer habe ich im Podcast-Interview u.a. darüber gesprochen, was denn nun eigentlich das besondere Potenzial Ingelheims ausmacht und wie es gelingt, daraus charaktervolle, stilistisch eigenständige Weine zu keltern. Ich möchte von ihm wissen, an welchen Stellschrauben in Weinberg und Keller gedreht werden muss, um das Ingelheimer Terroir zum Klingen zu bringen.
Für alle Podcast-Hörer habe ich zusammen mit Jens ein kleines Paket mit drei spannenden Weinen zusammengestellt:
Bestellen kannst du es mit Angabe des Kürzels "Genuss-im-Bus-Paket" für 49,- Euro unter folgender E-Mail-Adresse: info@weingut-bettenheimer.de
Hab viel Spaß damit!
So und jetzt habe ich noch eine hochspannende und aus meiner Sicht ungemein freudige Ankündigung zu machen:
In genau einer Woche startet nämlich hier im Podcast ein ganz besonderes Highlight, ein 15-teiliges Special - gedacht und gemacht als Hommage an Hans-Günther Schwarz, dem vielleicht einflussreichsten und geschätztesten Winzer und Kellermeister in der deutschen Nachkriegsgeschichte.
Über rund 40 Jahre zeichnete er für die Weine des berühmten Pfälzer Weinguts Müller-Catoir verantwortlich und hat mit seinen Abfüllungen aus den Sorten Riesling, Weißburgunder, Scheurebe, Rieslaner und Gewürztraminer über die Landesgrenzen hinaus für Furore gesorgt und das stilistische Ideal einer ganzen Generation geprägt.
Hans-Günther Schwarz hat aber nicht nur köstliche, ungemein faszinierende, vor allem fruchtintensive Weine gekeltert, er war auch als Lehrer und Ausbilder ausgesprochen einflussreich. In seiner Zeit bei Müller-Catoir in Neustadt hat er nicht viel weniger als 100 Lehrlinge und Praktikanten betreut, gefördert und in ihrer Entwicklung zu Winzern und Winzerinnen nachhaltig geformt.
Sie sind es, die hier im Podcast in den nächsten 4 Wochen zu Wort kommen, also seine Schüler, Lehrlinge und Praktikanten. 14 von ihnen haben sich im Gespräch mit mir an ihre Zeit bei und mit Hans-Günther Schwarz erinnert, an Fachliches und Persönliches, an Kurioses und an Begebenheiten, die noch heute zum Schmunzeln anregen.
Unter ihnen befinden sich so illustre Persönlichkeiten wie Hansjörg Rebholz vom Weingut Ökonomierat Rebholz in Siebeldingen, Julia Keller vom Weingut Klaus Keller in Flörsheim-Dalsheim, Xaver Pichler vom Wachauer Weingut F.X. Pichler und viele andere interessante Typen der Weinszene.
Alle zwei Tage kommt einer von ihnen zu Wort, bevor dann - quasi als Höhepunkt und krönender Abschluss - am Tag 30 der Altmeister selbst im Mittelpunkt und mir Rede und Antwort steht. Also freut Euch auf vier intensive Podcast-Wochen zu Ehren der Winzerlegende Hans-Günther Schwarz, der in nicht allzu ferner Zukunft bereits seinen 80. Geburtstag feiert.
Schaltet also wieder ein, wenn das Hans-Günther-Schwarz-Special hier im Podcast von Genuss im Bus am 31. Juli startet und dann bis zum 28. August alle zwei Tage eine neue Episode online geht, also 15 Episoden infolge mit dem Höhepunkt am 28. August das Interview mit dem Meister selbst.
Bis dahin lasst es euch schmecken.
Tschüss und auf Wiedersehen.
Wolfgang
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