Martin Gojer im Podcast Genuss im Bus

Martin Gojer im Podcast Genuss im Bus


Martin Gojer im Podcast Genuss im Bus

Der Freigeist aus Bozen schenkt ein

Eingeschenkt hat Martin Gojer mir seine weiße Cuvee, die den Namen seiner Tochter „Caroline“ trägt. Sie ist in einem Südtiroler Weinberg hoch über Bozen ganz in der Nähe seines Weinguts Pranzegg entstanden. Dorthin bin ich gefahren, um Martin Gojer zu treffen und mit ihm über seine Geschichte und seine für den Südtiroler Kontext doch sehr ungewöhnlichen Weine zu sprechen.

Martin Gojer Wolfgang


Caroline - ein Geniestreich aus gemischtem Satz

Caroline zieht mich völlig in ihren Bann. Diese weiße Cuvee aus gemischtem Satz mit den Sorten Sauvignon blanc, Chardonnay, Viognier und Manzoni bianco präsentiert sich mir so wunderschön trinkanimierend, so frisch und belebend, dass die Begegnung nur so eine Freude ist.

Meine Nase trifft mal auf zitrische Noten und Kernobst, mal auf pflanzliche und tabakig-würzige Aromen. Der Eindruck am Gaumen ist im Auftakt würzig und ungemein lebendig, wechselt dann in ruhigeres Fahrwasser, es geht runder und cremiger zu, bevor es dann zum Finale hin immer salziger wird und sich ein dezenter Gerbstoffeintrag bemerkbar macht.

Pranzegg 03 1853

Martin Gojer muss früh ran

Die sensorische Präsens von Coroline hält noch an, als ich längst wieder ins Gespräch mit Martin Gojer vertieft bin. Nur wenige Augenblicke, dann bin ich ganz tief drin, gefesselt von Martin's Erzählungen. Er erinnert sich - sichtlich bewegt - an seinen Start hier auf Pranzegg als Weingutschef.

Der kam plötzlich und unerwartet. Er war 18 Jahre jung als sein Vater starb und er die Verantwortung für den elterlichen Betrieb übernehmen musste. Kneifen kam für ihn damals nicht in Frage, aber ein bisschen abenteuerlich findet es seine damalige Entscheidung aus heutiger Sicht dann doch.

Keller Foto Karin Micheli

Vom Traubenlieferanten zum Freidenker und Biowinzer

Die Ernte ging zu dieser Zeit noch komplett an die Genossenschaft. Die Traubenpreise waren okay, aber ihn störten die Auflagen und Direktiven. Er hatte keine Lust auf zum Teil unsinnige Vorgaben, was er wann und wie in Weinberg und Keller zu tun und zu lassen hatte. Irgendwann kam der Tag, um all das hinter sich zu lassen. Martin Gojer spürte in sich die Kraft zu einem Neuanfang, zu einem Leben in Freiheit und Selbstverantwortung.

Wenn er heute auf die Wegstrecke, die er seither zurückgelegt hat, zurückblickt, schaut Martin Gojer auf einen Weg aus der persönlichen und ökonomischen Abhängigkeit zu immer höheren Freiheitsgraden, vom Traubenlieferanten hin zum heutigen Freidenker und Biowinzer, der in enger Verbundenheit mit den Kreisläufen der Natur Weine auf Flaschen zieht, die selbstbewusst originell daherkommen und deren Nachfrage bei weitem das Angebot übertrifft.

Pranzegg 03 0953

Immer konsequenter in Weinberg und Kellerwirtschaft

Heute hat Martin Gojer den Freiheitsgrad erreicht, den er sich wünscht: „Ich kann meinen Wein ausbauen, wie ich will, ich muss keine Kompromisse eingehen und mich nicht einmal dem Markt unterordnen“, sagt Martin. Genau das ist es, was auch seine Weine ausmacht: Individualität und Kompromisslosigkeit.

Da ist es nur konsequent, dass er die Prozesse der Weinbereitung weder den gesetzlichen DOC-Statuten noch irgendwelchen Verbandsregularien unterordnet. Als freiheitsliebender Anarchist lehnt er Regeln und Vorschriften von außen strikt ab, nicht ohne für sich selbst allerhöchste Ansprüche zu formulieren - produktionsethisch und im Hinblick auf die Güte seiner Weine.

Pranzegg 03 2111

Im Weinberg schuften, im Keller relaxen

Martin Gojer gehört im Gebiet zu den Repräsentanten authentischer und unverfälschter Weine. Damit diese kompromisslos individuellen Weine möglich werden, arbeitet er im Weinberg extrem aufwendig und seit 2014 biodynamisch - eine logische Konsequenz der Lebenseinstellung der gesamten Familie.

Für seine Art des Weißmachens ist es essenziell, dass er maximal hochwertige Trauben erntet. Nur dann kann er es sich erlauben, im Keller auf jegliche Hilfsmittel zu verzichten. „Wir tun nichts anderes“, sagt er, „als den Wein zu begleiten. Er entwickelt sich einfach besser ohne mein Zutun.“

Pergola

Liebe zu Vernatsch und Lagrein

Selbstverständlich ist der Prozess des interventionsarmen Begleitens kein ganz passiver, aber doch meilenweit entfernt vom Interventionseifer konventioneller Weinbereitung. Durch viel Gespür und Sensibilität im Weinberg und Keller entstehen individuelle, eigenwillig tiefgründige Weine, die nicht nur den Boden und den Jahrgang, sondern auch die Ideen des Winzers widerspiegeln.

Besonders die heimischen Rotweinsorten Vernatsch und Lagrein liegen Martin Gojer sehr am Herzen. Sie werden spontan und sehr langsam vergoren, im großen Holzfaß ausgebaut und ohne Schönung und Filtration abgefüllt. Martin Gojers Weine sind voller Lebendigkeit, Martin Gojer - der Freigeist aus Bozen strahlen gleichermaßen Heiterkeit und Gelassenheit aus - ganz so wie auch ihr Schöpfer. Sie erfüllen auf den Punkt, was ich von einem gutem Wein erwarte: schon das erste Glas macht Lust auf ein zweites.

Bozenblick

Bezugsquellen für Martin Gojer's Weine

Ein paar Bezugsquellen habe ich in Deutschland finden können: www.enoteca-italiana.de; www.weinfurore.de; www.freiheit-vinothek.de; www.weinkombinat.com;


Lass es Dir schmecken!


Wolfgang

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