Auf meiner Tour durch Franken musste ich von Laura Seufert in Iphofen nur wenige Kilometer ins benachbarte Rödelsee fahren, um mich dort mit Paul Weltner zu treffen. Auf dem kurzen Wegabschnitt erinnere ich mich an diverse Verkostungen fränkischer Weine auf Messen oder VDP-Veranstaltungen, bei denen ich auch Paul Weltner regelmäßig begegnet bin. Er war stets einer der Jungen und immer ein bisschen zurückhaltend. Er hat seine Weine sprechen lassen.
Doch seit in der Region immer mehr Winzerinnen und Winzer im Alter zwischen 25 und 30 auf den Plan treten, büßt Paul Weltner den Status oder sollte ich sagen „die Aura“ des Jungwinzers allmählich ein. Er muss sich daran gewöhnen, als Teil des Establishments wahrgenommen zu werden. Seine Weine gehören sowieso längst zu den besten.
Seit dem 16. Jahrhundert betreibt die Familie Weltner Weinbau, seit vier Generationen im Weinort Rödelsee. Diese jahrhundertealte Tradition weiterzuführen war, das gesteht Paul Weltner mir im Interview, eine faszinierende und zugleich große Herausforderung, als er 2005 das Familienweingut von Vater Wolfgang übernahm.
Aber er war gut vorbereitet: Nach Küferlehre und Ausbildung zum Winzer bei einem so herausragenden Lehrmeister wie dem Pfälzer Hansjörg Rebholz machte er auf der renommierten Weinsberger Weinbauschule noch seinen Abschluss als Weinbautechniker. Mit Mitte 40 kann er heute immerhin schon auf fast 20 Jahre als Weingutschef zurückblicken, eine für Paul Weltner überaus erfolgreiche Zeit.
Die Weinberge, die er bewirtschaftet, umfassen eine Rebfläche von rund 11 Hektar in den Einzellagen Julius-Echter-Berg in Iphofen, sowie Schwanleite und Küchenmeister mit dem Filetstück Hoheleite in Rödelsee. Neben dem Silvaner, auf den rund 60% der Rebfläche entfallen, baut Paul Weltner auch Müller-Thurgau, Riesling, Scheurebe, Weißburgunder, Sauvignon Blanc sowie für Rotwein die Sorten Spätburgunder und Domina an.
Wenn Paul über seine Toplage, den Küchenmeister spricht, nennt er sie liebe- und repektvoll „unser Berg“. Dieser Berg, der seit dem vierzehnten Jahrhundert mit Rebstöcken bepflanzt ist, liegt in einem Kessel unterhalb des Steigerwalds. Er steigt sanft von 250 M. unweit des Dorfes zum Rand der bewaldeten Bergkuppe auf 350 M über NN an.
Der Wald oben auf dem Hochplateau, gekrönt vom Schloss Schwanberg, schützt den Weinberg vor kalten Nord- und Ostwinden. Dieses Kleinklima lässt die Trauben lange und perfekt ausreifen. Andererseits kommt ihm seine südwestliche Ausrichtung speziell in wärmeren Jahren sehr zugute. Die Trauben entgehen an heißen Sommertagen der Mittagshitze und die Zuckerbildung kommt langsamer als in reinen Südlagen voran, Säure und Frische bleiben erhalten.
Sehr speziell sind die geologischen Formationen in dieser Lage. Man trifft hier auf ganz unterschiedliche Schichten. Gipskeuper mit einem hohen Ton- und Pflanzenanteil dominiert zwar, wechselt sich aber munter mit Schiefer, Kalk, Schilf- und Blasensandstein und Estherien mit Sedimenten fossiler Kleinstmeerestiere ab.
Genau diese Vielfalt der Lage will Paul Weltner in die Flasche bringen, nicht nur bei seinen Silvanern, sondern auch bei der Scheurebe und beim Sauvignon Blanc. Da gibt es keine Konzessionen an den Massengeschmack. Ähnlich wie Uli Luckert und Hanspeter Ziereisen das in den Interviews formuliert haben, bringt das auch Paul Weltner auf den Punkt: Frucht ist Kitsch!
Das Besondere der überwiegend reduktiv in Edelstahltanks ausgebauten Weine von Paul Weltner besteht meines Erachtens darin, dass sie nicht mit lauten, vordergründigen Fruchtaromen daher kommen, sondern aromatisch immer zurückhaltend bleiben, am Gaumen jedoch das Genießerherz umso mehr verzaubern.
Es sind Weine voller Spannung, lebendig und puristisch, niemals opulent, aber stets ausgestattet mit einer wundervollen Textur und großartiger Mineralität. Sie beeindrucken mit Eleganz und Finesse und besitzen ein beeindruckendes Reifungs- und Alterungspotenzial. Ich würde behaupten, ihre ganze Klasse, Tiefe und Vielschichtigkeit zeigen sue erst nach ein paar Jahren Flaschenreife. Schlagt zu, wenn euch so ein Exemplar mal irgendwo begegnet.
Kürzlich hatte ich Gelegenheit das 2005er GG aus dem Küchenmeister zu verkosten und war richtig begeistert, wie ungemein fein, geschmeidig und abgerundet dieser Sylvaner sich im Alter von 15 Jahren präsentierte; und gleichzeitig war da noch jede Menge Frische und Lebendigkeit und im Finale machte sich angenehmer Grip mit einer großartigen Länge bemerkbar. Wie immer bei Paul Weltners Weinen besaß auch dieser gereifte Sylvaner ein supertolles Mundgefühl und eine beeindruckende Komplexität. Ein wirklich mega schöner Wein! Und auch nach Jahren der Reifung noch immer quicklebendig.
Nächste Woche habe ich mit Chris Ehrlich einen Winzer am Mikrofon, der mit genau 3 Zeilen seine Karriere als Winzer startete und sein Weingut konsequenterweise „Weinmanufaktur 3 Zeilen“ genannt hat. Wer dieser Typ ist und was er zwischenzeitlich aus den 3 Zeilen alles gemacht hat, das erfahrt ihr in genau einer Woche, wenn dann am 20. November die nächste Episode von Genuss im Bus an den Start geht.
Und solltest Du Lust verspüren, die Tage des erneuten Lock-Downs nicht gänzliche ohne spannende Weinverkostungen vorüberziehen zu lassen, dann schau dir mal meine Angebote an. Online Weinverkostungen oder eine Online-Weinparty im Freundeskreis bringen Dir ganz sicher jede Menge guter Laune und die ein oder andere spannende Neuentdeckung.
Hab eine gute Zeit und lass es Dir schmecken.
Wolfgang
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