Philipp Lucas sagt über sich selbst:
„Ich bin ein Jungwinzer, der mit der Idee unterwegs ist, das zu perfektionieren, was meine Eltern mir in die Wiege gelegt haben, nämlich große Weine zu erzeugen, ehrliche, herkunftsbezogene Weine mit langem Alterungspotenzial. Das treibt mich tagtäglich an.“
Mein erster Eindruck bei meinem Besuch im Weingut Lucashof in Forst an der Weinstraße war geprägt von der schönen Atmosphäre, die dort am Hof herrscht. Ankommen und sich dem Zauber der ländlichen Idylle hingeben, dafür schien alles bestens bereitet. Und dieser erste Eindruck setzte sich fort bis zur Abreise. Das Gespräch mit Philipp Lucas und auch die Begegnungen mit den anderen Familienmitgliedern waren geprägt von einer natürlichen Herzlichkeit. Auch die Vinothek und das zum Weingut gehörende Landhotel strahlten diese wärmende Freundlichkeit aus. Alles wirkte familiär, heiter und einladend, auch weil die Familie Lucas sich zeigt und Persönlichkeit wagt.
Auf meine Frage, weshalb sich Weinliebhaber für sein Weingut und seine Weine interessieren sollten, sagt Philipp: „Nun bereits in der dritten Generation pflegen wir einen sehr gleichbleibenden Stil und sind der Idee von feinen, eleganten Weinen immer treu geblieben. Unsere Weine sind frisch und animierend und nie zu sehr vom Alkohol geprägt. Auf den Entstehungsprozess unserer Weine nehmen wir so wenig Einfluss wie möglich. Und doch spiegelt sich natürlich unsere Persönlichkeit, unsere Herangehensweise, also wie wir was wann machen auch in unseren Weinen. Das alles kann man entdecken, wenn man einen Riesling oder Weißburgunder vom Lucashof im Glas hat.“
Und Philipp ergänzt: „Ehrliche, authentische Weine machen, heißt für mich auch immer, keinen Trends hinterherzulaufen und die Weine nicht mit allem Ehrgeiz so zu machen, dass sie in den aktuellen Rankings oben liegen. Wir machen unsere Weine nicht für Kritiker, sondern für unsere Kunden.“
Bevor Philipp an der Hochschule in Geisenheim Weinbau und Önologie studierte, hat er eine klassische Winzerlehre absolviert. Ich habe ihn gefragt, was die jeweils wichtigsten Learnings für ihn waren. Über seine Zeit bei Philipp Wittmann in Westhofen sagt er: „Der Drang nach Perfektion und die Fähigkeit, immer den Überblick zu behalten - trotz der mittlerweile stattlichen Betriebsgröße- das hat mich bei Philipp Wittmann fasziniert.
Über seine Zeit im Weingut Emmrich-Schönleber in Monzingen sagt er: „Mit Werner Schönleber zusammenzuarbeiten, war Fluch und Segen zugleich. An einem halben Tag, den ich mit ihm im Weinberg verbracht habe, habe ich mehr gelernt, als in zwei Berufsschuljahren. Das war genial. Er ist einer der größten Wein-Gurus, denen ich je begegnet bin. Aber man musste schuften wie ein Verrückter. Da gabs keine Gnade. Er hat weder sich selbst, noch seine Mitarbeiter geschont und zugleich immer eine große Liebe für seine Weinberge ausgestrahlt. Diese Liebe, auch für Details, werde ich nie vergessen.“
Seit zwei Jahren ist Philipp nun zurück im elterlichen Betrieb und dabei, die Abläufe kennenzulernen, die Besonderheiten der einzelnen Weinberge und Lagen zu verstehen und zu prüfen, wie er das, was er in der Zeit seiner Ausbildung und im Studium gelernt hat, zu Hause implementieren kann. In gewisser Weise, gesteht er, sei es ein Luxus, das Privileg zu haben, sich ohne Zeitdruck einzuarbeiten.
Er genießt es sichtlich und ist seinen Eltern dankbar, dass sie ihm das ermöglichen. Neben diesem wunderbaren familiären Band beherbergt das Weingut Lucas noch einen weiteren Schatz. Auch dieses Schatzes ist sich Philipp bewusst - das großartige Weinbergsportfolio mit Besitz in einigen der besten Forster, aber auch Deidesheimer und Wachenheimer Lagen.
Eine erste Kostprobe seines Könnens hat Philipp bereits 2014 gesetzt. Entgegen der in Forst üblichen Praxis, so gut wie alle Weine als Lagenabfüllungen zu vermarkten, hat er mit seinem „Forster Riesling P. Lucas“ einen Ortswein lanciert. Die Idee bei diesem Wein ist es, die ganze Vielfalt, die Forst zu bieten hat, also die verschiedenen Mikroklimata, die unterschiedlichen Böden und die Nuancen in der Topografie, all das in einem einzigen Wein einzufangen.
Andererseits ist dieser Orstwein auch ein bisschen so, wie Philipp ihn gewollt hat, denn natürlich erhält er einen Teil seiner Prägung durch die Wahl des Erntezeitpunktes und den Ausbau. Deswegen ist es, wie er es ausdrückt, kein Charming Boy, sondern ein Wein, der komplett durchgegoren ist und mit niedrigem Alkohol und hoher Säure tatsächlich Kante zeigt.
Für Philipp verkörpert dieser Forster Ortswein in etwa das Idealbild eines trockenen Rieslings. „Die Nase ist animierend mit einer feinen Fruchtkomplexität. Das gefällt mir, denn ich bin - im Gegensatz zu einigen anderen jungen Winzern in der Pfalz - kein Fruchtverächter. Für uns hier im Weingut gilt: Der Riesling lebt von der Frucht und wir haben besseres zu tun, als ihm diese Fruchtigkeit zu nehmen.“
Am Gaumen präsentiert er sich dann deutlich puristischer und straffer, ja sogar noch ein wenig ruppig. Aber das ist wahrscheinlich seiner Jugendlichkeit zuzuschreiben. Alles in allem ein schlanker, ungemein geradliniger, fokussierter Riesling, der sich im lebhaften Finale noch einmal von einer anderen, nämlich salzigen Seite zeigt.
Wir verkosten dann im Anschluss noch Philipps Lagenweine, mal schon abgefüllt, mal direkt vom Fass und schließlich noch - auch als Fassprobe - einen hochspannenden Projektwein, den Philipp seinem verstorbenen Opa widmen wird.
Hier die Weine in der Übersicht. Um in den Genuss unserer ausführlichen Kommentare zu diesen Weinen zu kommen, hör einfach in den Podcast rein.
Mein Gast in der nächsten Podcast-Episode am 5. November ist Jürgen Krebs vom Weingut Krebs in Freinsheim in der Pfalz. Jürgen ist ein unglaublich emotionaler Typ und wer mit ihm über Wein spricht, merkt unwillkürlich, wie sehr ihm der Wein und sein Beruf als Winzer am Herzen liegen. Das spürt man auch im Interview, dass ich vor einigen Wochen mit ihm in Freinsheim geführt habe.
Er gehört zu der in der Pfalz gar nicht so ganz kleinen Gruppe von jungen Winzern, die sich während der vergangenen 10 Jahre ungeheuer dynamisch weiterentwickelt und auch schon mal den deutschen Rotweinpreis gewonnen haben, aber hinsichtlich der öffentlichen Aufmerksamkeit noch nicht ganz vorne angekommen sind. Umso mehr gibt es zu entdecken.
Was dieser Jürgen Krebs für ein Typ ist und mit welchen Ideen und Konzepten er in Weinberg und Keller zu Werke geht, darüber spreche ich mit ihm in der nächsten Episode von Genuss im Bus und freue mich, wenn Du dann wieder dabei bist. Bis dahin sage ich Tschüss und auf Wiedersehen, und wie immer - lass es dir schmecken!
Wolfgang
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