Schloss Johannisberg & Stefan Doktor - ein Amalgam aus Tradition und Transformation, Terroir und Teamplaying

Schloss Johannisberg & Stefan Doktor - ein Amalgam aus Tradition und Transformation, Terroir und Teamplaying


Schloss Johannisberg & Stefan Doktor - ein Amalgam aus Tradition und Transformation, Terroir und Teamplaying 

Stefan Doktor von Schloss Johannisberg im Rheingau zu Gast im Podcast "Genuss im Bus"

Für eine weitere Episode meines Podcasts "Genuss im Bus" unterbreche ich meine Reise durch Franken und mache mich auf den Weg in den Rheingau. Der Grund dafür ist kein gewöhnlicher, schließlich geht es darum, einem wahren Monument der deutschen Weinkultur einen Besuch abzustatten. Schloss Johannisberg, das erste Riesling-Weingut der Welt.

Auf Schloss Johannisberg wird nicht nur exzellenter Riesling erzeugt, es ist darüber hinaus ein beliebter Ort für Festivitäten ganz unterschiedlicher Art, für Konzerte und auch für Gala-Dinners. Von Anfang an war das Schloss Spielstätte des Rheingauer Musik-Festivals.

Schloss Johannisberg Luftlbild SW

Schloss Johannisberg - Kult- und Kulturstätte

Hochinteressant ist das zehn Meter tief in den Berg hinein gegrabene 900-jährige Kellergewölbe mit der Schatzkammer des Schlosses, der magischen Bibliotheca subterranea, wo derzeit rund 25.000 Flaschen aus allen großen Jahrgängen seit 1748 lagern - das Gedächtnis von Schloss Johannisberg.

Getroffen habe ich vor Ort Stefan Doktor, den Geschäftsführer von Schloss Johannisberg. Unser Gespräch dreht sich im Kern um die Frage, wie es Schloss Johannisberg gelingt, sich modern und zukunftsfähig aufzustellen, ohne seine Wurzeln und die 1200-jährige Geschichte zu vergessen. Ich will von Stefan Doktor wissen, welche Kraft und Ausstrahlung in so einer langen Historie liegen und wie man sie für die aktuellen Herausforderungen nutzbar machen und was man davon lernen kann. 

Mich interessiert natürlich auch die andere Seite der Medaille, nämlich die Frage: Können Traditionen gelegentlich auch lähmen, können sie das Tempo für notwendige Modernisierungsmaßnahmen drosseln und Anpassungsprozesse auf die lange Bank schieben? Und noch eine Frage treibt mich um: Welche Vor- und welche Nachteile hat die unternehmerische Verfasstheit von Schloss Johannisberg - im Besitz der Familie Oetker und Teil der Henkell-Freixenet Holding.

Schloss Frontbild 2023 SW

Stefan Doktor und sein Weg zu Schloss Johannisberg

Auf meine Frage, wie er zum Wein gekommen ist, gibt Stefan Doktor unumwunden zu, dass er ihm nicht in die Wiege gelegt wurde und er ihn erst auf Umwegen für sich entdeckt hat.

Es hat sich entwickelt. Ich habe in meiner Jugend eigentlich nur ein Ding im Kopf gehabt und das war Sport. Es hat sich alles um Sport gedreht. Dem habe ich alles geopfert. Und als die Karriere als Profisportler erst einmal vorbei war, bin ich dann auf Umwegen über die Gastronomie in Italien gelandet. Und da habe ich mich mit dem Virus Wein infiziert und bin seitdem beim Wein geblieben.

Und er führt weiter aus:

Ich habe dann sehr schnell gemerkt, dass mit Weinwissen Einfluss und eine gewisse Macht einhergeht. Das hat mein Interesse weiter befeuert. Ich habe mir dann jede Menge Bücher gekauft und all das Wissen nur so aufgesaugt. Und dann habe ich den Schritt auf die große See gewagt und bin insgesamt fünf Jahre zur See gefahren - zunächst als Barmann und später als Maître d’hôtel. Unter anderem war ich für den Weineinkauf zuständig. Ich habe in dieser Zeit enorm viel über Wein und den Weinhandel gelernt und weil wir alle Kontingente angesteuert haben, hatte ich Gelegenheit, die Weinbaugebiete in fast allen Weltgegenden zu besuchen. Das war eine gute Schule.

Im Anschluss an die Jahre auf hoher See hat sich Stefan Doktor in Deutschland niedergelassen, geheiratet und eine Ausbildung zum Sommelier begonnen. 

Ich habe dann 2009 die Deutsche Meisterschaft der Weinfachberater im Handel gewonnen. Aber ich muss auch sagen, dass mir dann diese Welt der Sommeliers zu klein wurde, dass ich ausbrechen wollte. Ich habe gemerkt, dass die Sommelier-Welt letztlich nur ein sehr kleines Segment der Weinwelt behandelt, nämlich das High-End-Segment. Mehr oder weniger bleiben sie ziemlich blind für den Rest. Und das wiederum fand ich schade. Die Perspektiven der WSET-Studiengänge sind dagegen sehr viel breiter aufgestellt, der gesamte Handel und der weltweite Konsum stehen im Fokus und all das in einer Sprache, die wirklichkeitsnah und verständlich ist. Das WSET-Diploma habe ich dann einige später absolviert.

Und so ist Stefan Doktor dann auf Schloss Johannisberg gelandet - zunächst im Verkauf, wenig später dann im Export, nicht zuletzt, weil er sehr schnell gemerkt hat, dass im Export die eigentliche Stärke von Schloss Johannisberg liegt. 2016 hat Stefan Doktor dann die Position des Geschäftsführers von Schloss Johannisberg übernommen.

Und wenn ich mir so rückblickend das alles anschaue, weiß ich gar nicht, ob ich Schloss Johannisberg gefunden habe oder Schloss Johannisberg mich. Manchmal denke ich, dass es kein Zufall gewesen sein kann, dass sich unsere Wege gekreuzt haben.
Weinberg Fruehling SW

Das Management elementarer Erfolgsfaktoren: Tradition & Transformation, Terroir & Teamplaying

Wenn man sich aufmacht, um Schoss Johannisberg einen Besuch abzustatten und Gelegenheit hat, den CEO ans Mikrofon zu holen, stellt man sich im Vorfeld unwillkürlich die Frage, was eigentlich das Besondere von Schloss Johannisberg ausmacht, was über all die Jahrhunderte seine Identität konstituiert und wie es gelungen ist, immer wieder Weine auf Flaschen zu füllen, die Exzellenz ausstrahlen und gleichzeitig den Ort zu erkennen geben, an dem sie entstanden sind. Meine These: Es ist ein Amalgam unterschiedlicher Faktoren, Faktoren, die zusammenspielen müssen, um die Identität mit Leben zu füllen und sie zu jeder Zeit zukunftsfähig zu halten: Tradition und Transformation, Terroir und Teamplaying. 

Auf meine Frage, was Tradition aus seiner Sicht für Schloss Johannisberg bedeutet, sagt Stefan Doktor:

Eigentlich ist das die Pflege der Wurzeln. Da haben wir bereits die Brücke zum Terroir. Wörtlich gesehen genau das, was wir da draußen machen. Im Weinberg ist es genauso mit der Tradition. Ich bin davon überzeugt, dass ein langes Gedächtnis dazu beiträgt, eine Identität zu verspüren. Uns erfüllt das mit Zuversicht. Wenn man sagen kann, in den Weinbergen von Schloss Johannisberg gedeiht Wein oder die Rebstöcke nachweislich seit mehr als 1200 Jahren, heißt es erst mal, so ganz viel konnten wir in den letzten 1000 Jahren nicht falsch gemacht haben, sonst würde hier nichts wachsen. Erstmal wie gesagt, ist das Zuversicht und zu wissen okay, wir haben etwas, worauf wir greifen können. Das gibt uns die Sicherheit, dass das auch in Zukunft gut wird. Aber es geht auch darum, die Tradition zu würdigen und die richtigen Dinge, die gemacht worden sind, auch zu behalten. Und es geht darum, den Menschen all das zu zeigen, zu zeigen und zu erzählen. Denn der Kunde und der Verbraucher, die brauchen das, sie suchen danach. Denn es geht nicht nur um das Getränk, das mit Alkohol, Säure, Süße etc. gefüllt ist. es geht um mehr.
Faesser Detail SW


Menschen und Meilensteine - die Geschichte von Schloss Johannisberg

Die Meilensteine in der Geschichte von Schloss Johannisberg sind bekannt. Erste Erwähnung im Jahr 817. Das sind mehr als 1200 Jahre. Dann seit 1720 nur mit Riesling bestockt, zu einer Zeit, da ja noch der gemischte Satz die Regel war. Und dann die Story mit der Spätlese 1775, als der Bote zu spät kam.

Und immer spielten natürlich auch ganz konkrete Menschen eine Rolle. Fürst von Metternich spielt eine Rolle, die Familie Oetker spielte eine Rolle und auch Wolfgang Schleicher hat die Geschicke von Schloss Johannisberg über viele Jahre geprägt. 

Was ich bei allen sehe, die Du angesprochen hast: Die haben keinen Job gemacht. Die hatten eine Mission. Sie waren von Leidenschaft angetrieben und ihr Handeln basierte auf Werten. Die Mönche haben damit begonnen und dann haben sie alle nachfolgenden Generationen damit infiziert und auf sie übertragen haben. Was sich aber letztendlich durch diese ganze Zeit der langen Historie zieht, das ist Weiterentwicklung. Es hat sich alles immer weiterentwickelt, es ist nie stehen geblieben und das finde ich sehr wichtig. Denn Tradition macht nur dann Sinn, wenn du es schaffst, die Brücke zu bauen, die Brücke in die Gegenwart und die Zukunft. Wenn du es nicht schaffst, sich immer wieder neu auszurichten, neu anzupassen, kannst du nicht bestehen.

Weitere Gesprächsthemen

Wir reden dann noch über die Vor- und Nachteile eines nicht familiengeführten Betriebs. Wie kommen Entscheidungen zustande, wie steht es um die Motivation der Mitarbeiter und wie schnell oder langsam können Veränderungen in die Wege geleitet werden? In diesem Zusammenhang thematisieren wir auch die Umstellung hin zur ökologischen Bewirtschaftung der Weinberge und wieso genau dieser Prozess ein bisschen länger gedauert hat, als das in familiengeführten Betrieben üblich ist. Weitere Themen sind: Erntemanagement, kellertechnische Neuerungen und Experimente und das weite Feld der Vermarktung.

Am besten, Ihr hört euch die Podcast-Episode mit Stefan Doktor einfach in aller Ruhe an und öffnet dazu eine Flasche von Schloss Johannisberg. Ich wünsche viel Hör- und Trinkgenuss und rufe Euch wie immer zu:

Lasst es Euch schmecken!

Wolfgang




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