Zur Zeit warten die Menschen nicht nur in Deutschland sehnsüchtig auf sommerliche Witterungsverhältnisse. Bis es so weit ist, trösten sie sich mit dem ein oder anderen Sommerwein.
Zur Zeit warten die Menschen nicht nur in Deutschland sehnsüchtig auf sommerliche Witterungsverhältnisse. Bis es so weit ist, trösten sie sich mit dem ein oder anderen Sommerwein.
Die Antwort darauf finden wir, wenn wir in unseren Erinnerungen kramen und an vergnügte Stunden unter freiem Himmel denken. Ganz egal ob beim Picknick im Grünen, zur Belebung nach verträumten Stunden am Badestrand oder zu Salat und gegrilltem Fisch auf der heimischen Terrasse – die begleitenden Weine machen immer dann eine gute Figur, wenn sie unkompliziert, leicht und erfrischend sind. Also Bühne frei für Weißweine aus kühlen Anbaugebieten. Ihr Privileg ist es, Weine mit moderatem Alkoholgehalt und erfrischender Säure hervorzubringen.
Zu viel Alkohol lässt einen Wein schwer erscheinen, zu wenig Säure schwächt seinen Erfrischungseffekt. Besonders säuremilde Weißweine wie kalifornische Chardonnays oder der beliebte Pinot Grigio aus Italien sind keine optimalen Sommerweine. Dies gilt insbesondere für die günstigen Vertreter aus den Supermärkten und Discountern.
Wenn Du die Aromatik dieser Weine nach Pfirsichen, gelben Äpfeln und Rosinenzopf magst, aber mehr natürliche Frische im Glas haben möchtest, empfehle ich Dir den 2015er Grauburgunder trocken vom Weingut Rings in Freinsheim/Pfalz. Grauburgunder ist der deutsche Name der Pinot-Grigio-Traube, aber mit seiner vitalen und erfrischenden Art spielt dieser Wein in einer ganz anderen Liga als das Gros der weichen Klischee-Pinot-Grigios.
Ein schlanker Körper und eine lebendige Säure machen auch den deutschen Riesling zum typischen Sommerwein. Wer jedoch zu einem trockenen und leichten Riesling greift, muss mit einer kräftigen Säure rechnen. Als eine der säurebetontesten Rebsorten in der Welt ist Riesling sicher nicht jedermanns Sache. Oft profitieren diese Weine von einer gewissen Reifezeit in der Flasche. Sie präsentieren sich im zweiten Jahr nach der Ernte harmonischer und die Säure ist weniger vordergründig. Suchst Du nach einem gänzlich trockenen Vertreter, empfehle ich Martin Tesch in Langenlonsheim/Nahe, hast Du keine Angst vor ein paar Gramm Restsüße, greife zu einem Saar-Riesling von den Weingütern van Volxem in Wiltingen oder von Hövel in Oberemmel.
Um erfrischend zu wirken oder zur leichten Sommerküche zu passen, muss Riesling keineswegs immer trocken sein. Oft ist sogar ein Hauch natürlicher Traubensüße im Wein von Vorteil. Vor allem halbtrockene Vertreter können wunderbare Sommerweine sein, wie der nach Pfirsichen duftende, saftige 2015er Riesling Kabinett feinherb von Florian Weingart in Spay/Mittelrhein, der ein lebendiges und spannungsreiches Dreieck aus Süße, Säure und Würze beschreibt. Weil ein Teil des Traubenzuckers nicht zu Alkohol vergoren wurde, kommt dieser Kabinett ungemein leichtfüßig, fast ein wenig beschwingt daher.
Mit noch etwas geringerem Alkoholgehalt, aber einer deutlich höheren Restsüße gefallen die fruchtigen Riesling-Spätlesen vor allem zu sommerlichen Gerichten, die höhere Schärfegrade aufweisen. Exzellente Abfüllungen findest Du an der Saar, etwa im Weingut von Günther Jauch (von Othegraven/Kanzem) sowie bei den Weingütern Peter Lauer/Ayl und Zilliken/Saarburg.
Der Eindruck von Leichtigkeit beim Rotwein beruht neben einem moderaten Alkoholgehalt vor allem auf einem gemäßigten Gerbstoffniveau. Eine hervorragende Quelle für diesen Weintyp ist Österreich. Der ungemein vitale „red“ von Gernot Heinrich in Gols/Neusiedler See versprüht einen erfrischend fröhlichen Duft nach Kirschen und roten Beeren und wirkt am Gaumen angenehm trinkig. Er kommt mit 12,5 Prozent Alkohol aus. Stilistisch ähnlich, aber etwas würziger und kräftiger (ebenfalls bei 12,5 Prozent) präsentiert sich der 2014er „basic“ von Claus Preisinger, ebenfalls in Gols. In beiden Fällen wird die betonte Säure der Blaufränkisch-Traube durch Verschnitt mit dem weicheren Zweigelt abgerundet.
In Deutschland heißt der Blaufränkisch Lemberger, und in seiner württembergischen Heimat gelingt der Trick durch den Verschnitt mit den ebenfalls recht säurearmen Trauben Merlot oder Trollinger. Die Cuvée „Rot und Wild“ vom Weingut Hirsch in Leingarten/Württemberg spiegelt die Wanderjahre des Juniorchefs durch die Weinwelt wider. Heimatliebe und Internationalismus finden in der Cuvée aus Lemberger, Merlot und Cabernet harmonisch zusammen.
Ich würde den leichteren Exemplaren im Sommer den Vorzug geben. Es gibt aber auch kräftigere Rotweine mit genug Frische, um warme sommerliche Grillabende angenehm zu begleiten. Auch hier hat Österreich etwas zu bieten. Im relativ kühlen Kamptal gelingt es Winzern wie Kurt Angerer, der Zweigelt-Traube Rotweine zu entlocken, die Rundheit mit animierendem Biss verbinden. Seine beiden Zweigelt-Abfüllungen überwältigen nicht mit der Üppigkeit mediterraner Rotweine und dennoch reicht ihre Kraft, gegrillten Steaks Paroli zu bieten. Wenn begabte Winzer am Werk sind, kann das die Dornfelder-Traube in Deutschland auch. Die Winzerin Eva Vollmer in Mainz-Ebersheim/Rheinhessen demonstriert das Jahr für Jahr. Ihre Dornfelder beeindrucken mit schönen Noten nach schwarzen Johannisbeeren und Süßkirschen und einem abgerundeten, sanften Gaumenauftritt.
Der Einfluss der Servier- und Trinktemperatur auf den Geschmack des Weins kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Deshalb hier zunächst einmal die wichtigsten Regeln für die Trinktemperatur im Überblick:
● Champagner und Sekt: 7 bis 8° C
● leichte, fruchtbetonte Weißweine: 9 bis 11° C
● ausdrucksstarke und opulente Weißweine: 11 bis 13° C
● leichte und mittelschwere Rotweine: 14 bis 16° C
● ausdrucksstarke und kraftvolle Rotweine: 16 bis 18° C
● Süßweine: 12 bis 15° C
● Sherry und weißer Portwein: 10 bis 12° C
● Banyuls und Portwein : 14 bis 17° C
Da sich der Wein nach dem Ausschenken im Glas allmählich erwärmt, solltet Ihr darauf achten, dass die Serviertemperatur unter der Trinktemperatur liegt. Umso wärmer es also auf der Terrasse ist, umso größer sollte die Differenz zwischen Servier- und Trinktemperatur sein. Bei einem Wein, den Du bei 10° C aus dem Keller holst, beträgt die Erwärmung bei Zimmertemperatur etwa ein Grad in drei bis vier Minuten. Im Internet findest Du zahlreiche Angebote, mit deren Hilfe sich die genaue Zeitspanne leicht berechnen lässt, z.B. hier: http://www.barcoo.com/ratgeber/weintemperaturrechner
So zumindest die Theorie! Ich persönlich löse das Temperaturproblem, indem ich mir einfach weniger einschenke, dafür öfter nachschenke. Zwischendurch halte ich den Wein – in Eiswasser oder im Kühlschrank – auf Serviertemperatur. Bei 30°C auf meiner Terrasse müsste ich einen leichten Weißwein so brutal runterkühlen, dass er mir direkt nach dem Ausschenken zu kalt ist. Ich müsste also zunächst warten, bis er Trinktemperatur erreicht hat. Denn nur dann zeigt er seine ganze Klasse! Nur dann können sich die wichtigsten Inhaltsstoffe (Aroma, Frucht, Säure, Süße, Alkohol) optional entfalten und ausgewogen miteinander in Beziehung treten. Aber schon kurze Zeit später ist er mir zu warm. Also: Weniger einschenken, öfter nachschenken! Und auch ein kühles Bier bringt gute Laune und erfrischt.
Wie gut ist Winzersekt als Alternative zu Champagner? › Wolfgang Staudt
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