Wenn Du an Festtagen ein mehrgängiges Menü planst, tust Du gut daran, Gerichte zu wählen, die sich in aller Ruhe vorbereiten lassen. Denn es wäre schade, wenn Du am Herd stehen musst, wenn sich die Familie zum Feiern und Vespern zusammengefunden hat. Das wird selten zu 100 Prozent gelingen, aber Du hast schon viel erreicht, wenn Du die Zeit am Herd auf wenige Minuten begrenzen kannst. Das ist beim folgenden Menü von Wolfram Siebeck der Fall.
Für den Linsensalat solltest Du Dir unbedingt die winzigen dunklen Linsen besorgen, die es vor allem in Reformhäusern gibt. Sie sind viel schneller gar und viel weniger mehlig als die bekannten hellbraunen, sättigen auch nicht sehr. Pro Person setzt man ca. 60 Gramm in leicht gesalzenem Wasser mit einem kleinen Kräuterbündel (Bouquet garni) auf und lässt sie ungefähr 20 Minuten kochen. Die Linsen sollten noch einen leichten Biss haben. Gut abtropfen. Eine Vinaigrette herstellen aus Nussöl, Sherry-Essig, sehr fein gehackten Schalotten und wenig Knoblauch. Die Salatsauce muss eindeutig saurer und auch mehr sein, als man sie üblicherweise für einen grünen Salat macht. (Salz und Pfeffer zum Abschmecken sind obligatorisch.) Linsen und Vinaigrette vermischen, eventuell nachwürzen: Der Geschmack sollte eher herzhaft sein als sanft!
Bereits vorher hast Du pro Person eine Wachtel ausgelöst, also mit einem scharfen, spitzen Messer am Brustbein entlang auf jeder Seite das Brustfleisch mit Haut und dem anhängenden Bein von den Knochen gelöst und abgeschnitten. Das ist nicht schwer. Kurz vor dem Servieren werden diese Wachtelhälften in schäumender Butter mit wenig Salz nur ganz kurz gebraten (2 Minuten) und auf die Linsen gelegt. Sie dürfen traditionellerweise mit den Fingern gegessen werden, dabei dient der kleine Beinknochen als Griff. Der Salat schmeckt mir besonders gut, wenn er insgesamt lauwarm ist. Dazu aufgebackenes Stangenbrot und salzige Butter.
Denkbar wäre sicherlich ein Sherry, etwa ein trockener Fino oder Manzanilla, aber ich empfehle einen Fleurie, Morgon oder Moulin-a-Vent, das sind Top-Weine aus der Beaujolais-Region im Süden des Burgund. Sie sind gehaltvoll, aber mit tollem Trinkfluss ausgestattet. Sie wirken viel leichter als sie sind. Wenn Du mehr über die Weine des Beaujolais erfahren möchtest, dann schau Dir diesen Artikel von mir an. Halte nach folgenden Produzenten Ausschau: Terres Dorées, Vissoux, Burgaud, Lapierre
Damit das Zanderfilet nach Grenobler Art gelingt, soltest Du auf ein paar Dinge besonderen Wert legen.
Du benötigst die folgenden Zutaten: 500g Zanderfilet, 150g Butter, 2 Zitronen und 4 EL Kapern. „Auf Grenobler Art“ bedeutet, dass ein Fischfilet in Butter gebraten und mit Zitronenwuerfeln und Kapern bestreut wird. Damit wäre eigentlich der 2. Gang auch schon beschrieben, denn mehr Arbeit ist damit nicht verbunden. Es muss auch nicht unbedingt Zander sein. Eglifilets oder Filets vom Steinbutt eignen sich genauso gut, natuerlich auch Seezungenfilets. Nur Lachs, Forelle, Hering, Schellfisch geraten auf andere Art und Weise besser. Bei Rotbarschfilets kann ein Versuch gelingen – Fischeinkauf ist bekanntlich Glückssache. Wenn Du vorbestellst, wird der Fischhändler sie hoffentlich auslösen. Pro Person brauchst Du nicht mehr als ein Stück Filet von der Grösse einer Kinderhand.
Die Butter darf gerade nur schäumen, dann muss das gesalzene Filet hinein. Es darf nicht braun werden und muss nach 2-3 Minuten auf den Teller. Nur so bleibt es innen saftig! Mehl, Milch oder Brösel, diese Requisiten einer veralteten Küche, sind hier überflüssig. Aber spare nicht mit Butter! Sie ist ja gleichzeitig Sauce, in die Du Zitronensaft träufelst (nach Gespür und Geschmack). Auf die fertigen Filets streust Du kleine Würfel aus enthäuteten Zitronenschnitzeln. In die Bratbutter (sollte sie braun geworden sein, muss sie unbedingt durch neue ersetzt werden!) kommt etwas Zitronensaft und pro Person 1 El abgetropfte Kapern. Diese Sauce wird über die angerichteten Filets gelöffelt; leicht zu kochen, leicht zu essen, aber schwer zu übertreffen.
Zum Zanderfilet empfehle ich Chardonnay oder Weißburgunder. Sehr guten Chardonnay bekommst Du beim Weingut Bernhard Huber in Malterdingen (Breisgau). Weißburgunder vom Feinsten wird in Birkweiler bei Dr. Wehrheim gekeltert. Rings in Freinsheim kann beides.
Bei der Hauptspeise treffen pikant-würzige, animalische Komponenten auf Fruchtsüße. Ganz großes Geschmackskino!
Für 4 Portionen benötigst Du die folgenden Zutaten: Für das Apfelgratin sind es 4 große Äpfel, 1 Zitrone, 200 ml Süße Sahne und 150 g Creme fraîche. Für das Rehragout benötigst Du 1 kg Rehkeule (schieres Fleisch), 500 g Wildabfälle und Knochen, 50 g Räucherspeck, Rotwein, 1 Bund Suppengemüse, 1 Zwiebel, 1 Lorbeerblatt, Pfefferkörner, Wacholderbeeren, 300 g Butter, 1 EL Weinessig, 1-2 TL Scharfer Senf, 2 EL Preiselbeeren und 40 ml Madeira .
Damit es weiterhin leicht bleibt, gibt es zum Rehragout nichts anderes als das Apfelgratin. Dafür werden geschälte und ausgestochene Äpfel (feste, saure Sorte) in 2-3 mm dünne Ringe gehobelt und in eine ausgebutterte, feuerfeste Form so gelegt, dass sie dachziegelartig dicht an dicht nebeneinander liegen. Es empfiehlt sich, weit mehr davon zu machen, als man zu brauchen glaubt (es schmeckt irre gut!), und eine Form zu nehmen, die man auch auf den Tisch stellen kann. Die Apfelringe werden mit Zitronensaft beträufelt und mit einer Mischung aus Sahne und Creme fraîche fast bedeckt. Im Ofen bei mittlerer Hitze ca. 20 Minuten backen lassen, bis sie oben goldgelb werden.
Das Ragout hat man auch ein wenig vorbereiten können. Es unterscheidet sich von anderen Ragouts dadurch, dass es nicht aus der Schulter geschnitten wird, sondern aus einem Stück, dass nach landläufiger Ansicht viel zu schade dafür ist: aus der Keule. Diese darf weder eingefroren noch eingelegt gewesen sein. Will man sie mehrere Tage lagern, so legt man sie vollständig in Öl ein. Für das Ragout werden nur die schönsten Fleischstücke verwertet, also nur zusammenhängende, feste und feinfaserige Muskelstücke, die vollständig von allen Häuten gesäubert sein müssen, also pur und makellos sind wie bestes Filetfleisch. Daraus erst kurz vor dem Braten gleichmäßige Würfel von 3 cm Kantenlänge schneiden, sodass man sie später, nach dem Braten, noch einmal durchschneiden muss, um sie essen zu können.
Zu den Häuten solltest Du Dir weitere Wildabfälle und – knochen besorgen und daraus 1 oder 2 Tage vorher, einen kräftigen Wildfond kochen: wie einen normalen braunen Fond, nur mit mehr Rotwein, mit Schinkenresten (oder Räucherspeck) und Wacholderbeeren; anschließend durchsieben. Erkaltet sollte er steif sein wie Pudding, so kann man ihn auch gut entfetten.
Die Fleischwürfel werden in einer großen Pfanne nur in Butter gebraten, das bedingt zwangsläufig eine nicht zu hohe Temperatur – auch hier, wie beim Fisch, wäre ein knuspriges Äußeres ein böses Missgeschick. Nach 4-5 Minuten aus der Pfanne nehmen, kaum salzen und warmstellen.
Nun vollendet man die vorbereitete Sauce: Aufkochen, weiter reduzieren, Weinessig, und scharfen Senf zufügen, dann erst salzen und pfeffern (schwarz), abschmecken, wenige Preiselbeeren und einen Schuss Madeira drangeben, wieder abschmecken (immer wieder!), und schließlich, wenn das Fleisch bereits angebraten ist, mit dem Schneebesen kalte Butterstücke einmontieren; pro Portion ca. 50 g. Dabei und danach darf die Sauce nicht mehr kochen. Sollte sich unter dem ruhenden Ragout Saft gesammelt haben, kann er noch zur Sauce gegeben werden, BEVOR die Butter einmontiert wird. Nachher geht nichts mehr!
Beim Durchschneiden der Fleischwürfel müssen diese rosa sein wie ein Filet. (Vorsichtige Köche prüfen das schon während des Bratens!) Sie sind dann auch so zart wie ein Filet, nur schmecken sie besser. Dazu das Apfelgratin, in dem die Sahne leicht geflockt ist, sowie die kräftige Wildsauce – ach, wenn doch jede Woche Weihnachten wäre!
Zum Rehragout empfehle ich entweder kräftigen Rotwein mit schmeckbarer Frucht. Ich denke hier vor allem an Weine aus den Rebsorten Syrah und Spätburgunder, Oder Du probiert zu diesem gericht einen gut gereiften, fruchtsüßen Riesling, dessen sanfte Süße sich wundervoll mit dem Apfelgratin verträgt, zum Rehragout dagegen ein faszinierendes Gegengewicht aufbaut. Großes Kino eben! Tolle Spätburgunder gibts in Bürgstadt bei Paul Fürst oder an der Ahr beim Weingut Adeneuer. Gereiften fruchtsüßen Riesling hast Du im Keller oder Du musst diesmal drauf verzichten.
Das Zimtparfait mit Burgunderpflaumen bildet den krönenden Abschluss dieses Menüs. Das schöne daran ist, dass Du es komplett vorbereiten kannst, wenn Du willst, mehrere Tage zuvor.
Für 6 Personen benötigst Du 5 Eidotter, 125 g Zucker, 1/2 Esslöffel gemahlener Zimt, 2 Esslöffel Cognac, 1/2 l Schlagobers, 36 Trockenpflaumen (ideal: frz. Trockenpflaumen aus Agen), 4 Esslöffel Honig, 3/4 l Rotwein (Burgunder oder Cote du Rhone) und bittere Orangenmarmelade.
Fuer das Zimtparfait Eidotter hellgelb und schaumig ruehren. Zucker und Zimt zu den Dottern geben,weiterruehren, bis der Zucker aufgeloest und die Masse dick ist. Cognac unterruehren. Obers steif schlagen und unterziehen. In Formen fuellen und fuer mindestens 3 Stunden ins Gefrierfach stellen. (Wichtig: 1 Stunde vor dem Servieren in den Kuehlschrank stellen.) Trockenpflaumen (samt Kern) nicht zu dicht nebeneinander in eine Schuessel legen. Etwa 1 1/2 l Wasser mit 4 EL Honig aufsetzen und kochen lassen bis ein suesser Sirup entsteht. Sirup ueber die Pflaumen giessen. Im kraeftigen, fruchtigen Rotwein 1 TL bittere Orangenmarmelade verruehren. Die Pflaumen mit dem Rotwein bedecken und zugedeckt 2 Tage durchziehen lassen. Zimtparfait mit Burgunderpflaumen dekorativ anrichten.
Zum Zimtparfait mit Burgunderpflaumen empfehle ich leidenschaftlich intensiven Rotwein mit schöner Süße. Das ist die Domaine von Port, Banyuls & Co. Eine preiswerte Alternative sind die Weine aus Rivesaltes, hier vor allem die Gewächse von der Domaine Boudau. Weil ich die Weine von Mas Amiel so sehr liebe, empfehle ich Dir für dieses Dessert seinen Maury. Schon sein Äußeres gleicht einem Gedicht, einem Farbspiel zwischen Mahagoni und Kupfer. In der Nase zeigt er intensive Aromen von getrockneten Feigen, Pflaumen, kandierten Orangen, Karamell, Gewürzen, Schokolade und hellem Tabak. Sein Gaumenauftritt ist ungemein kraftvoll, komplex und vielschichtig, mit extrem langem Nachhall. Und dennoch ist die Art, wie er unseren Gaumen streichelt, einfach nur zärtlich. Diesen Maury kannst Du übrigens ohne weiteres mehrere Wochen aufbewahren. Ob es dazu kommen wird, wage ich allerdings zu bezweifeln.
Wolfgang Staudt
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motoapk I love you
masennus
Wilhelm Hardt
Wolfgang Staudt
Michael Molitor
Ein glückliches neues Jahr.
Wolfgang Staudt
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