Weingut Andres im Podcast Genuss im Bus

Weingut Andres im Podcast Genuss im Bus


Weingut Andres im Podcast Genuss im Bus

Klassische alte Schule modern interpretiert

Für eine weitere Episode meines Podcasts "Genuss im Bus" bin ich wieder mal in die Pfalz gefahren, diesmal ins klassische Zentrum der Mittelhaardt ins malerische Deidesheim. Besucht habe ich dort Michael Andres vom Weingut Andres. Das Weingut führt Michael zusammen mit seinem Bruder Thomas. Die beiden sind noch keine 30, sie geben aber bereits seit einigen Jahren so enorm viel Gas, dass sie den Status von "hoffnungsvollen Talenten" hinter sich gelassen haben. Nun wollen sie ganz nach oben.

Im Gespräch mit mir erinnert sich Michael, wie es kam, dass er sich für den Winzerberuf entschieden hat: „Unsere Eltern haben uns nie dazu gezwungen, Winzer zu werden und den Betrieb hier zu übernehmen. Und tatsächlich hat es bei mir eine ganze Weile gedauert, bis ich diesen Beruf wirklich interessant fand. Meine Perspektive auf das Weinmachen war lange geprägt von dem, was ich als Kind und Jugendlicher mitbekommen habe. Und das war im wesentlichen der Produktionsprozess. Ich habe gesehen, was im Weinberg alles zu tun ist, vom Rebschnitt im Winter bis zur zur Lese im Herbst und dann natürlich die diversen Kellerarbeiten." Das Produkt selbst war ihm lange fremd.

Andres Brueder Abstich

"Unser Vater hat für uns sehr gute Ausgangsbedingungen geschaffen"

Erst als er ein paar Jahre später den Wein an Nase und Gaumen kennengelernt hat, ist ihm klar geworden, wie verschieden die Stile und Qualitäten sein können, welche Unterschiede von den Rebsorten, Lagen und Produzenten ausgehen. Erst dann begann der Winzerberuf für ihn faszinierend zu werden. "Diese Faszination ging eindeutig vom Produkt aus," sagt Michael, "nicht so sehr vom Produktionsprozess. Und so ganz allmählich entstand der Wunsch, auch einmal solch faszinierende Produkte zu erschaffen.“

Ihm ist bewusst, dass er das große Glück hatte, in einer Zeit zu starten, als der deutsche Wein bereits großes Ansehen genoss und das Niveau auch hier in der Pfalz bereits sehr hoch war. Sein Vater hatte es bei seinem Start Anfang der 80er Jahre wensentlich schwerer. Diese Zeit war geprägt von einfachen, oft süßlichen Weinqualitäten und dem einen oder anderen Skandal. Das Bild des Weines in der deutschen Gesellschaft war kein positives. "Aber immerhin hat er uns sehr gute Ausgangsbedingungen geschaffen. Dafür bin ich sehr dankbar."

Andres Brueder Saft

"Wir sind hier in der Pfalz Teil einer tollen Gemeinschaft"

Ganz besonders schätzt Michael die ungeheure Lebendigkeit in der jungen Pfälzer Weinszene. Teil dieser dynamischen Szene zu sein, empfindet er als großes Geschenk. Diese Kontakte seien wahnsinnig inspirierend, vor allem die gemeinsamen Tastings und die Diskussionen, die sich dann regelmäßig anhand der verkosteten Weine entzünden. „Wir gehen da sehr offen miteinander um, lassen uns gegenseitig ungeschminkt in die Karten schauen. Wir wissen, dass kopieren und imitieren sowieso nicht funktioniert. Wir treiben uns gegenseitig an, die Qualitätsschraube immer weiter nach oben zu drehen.“

Das Besondere in Deidesheim sei, dass man als Winzer hier direkt in einer Champions League mitspielt. Das Niveau der umliegenden Traditionsbetriebe wie von Winning oder Reichsrat von Buhl sei enorm hoch und für Newcomer wie ihn sei es deshalb nicht einfach, sich zu etablieren und wahrgenommen zu werden. Aber das ist ihm lieber, als der Beste in einem insgesamt eher schwachen, wenig beachteten Gebiet zu sein.

Andres Brueder Keller5

„Französische Inspirationen pfälzisch interpretieren!“

Eine absolute Benchmark ist für Michael immer noch das Burgund. Auch hier gehe es ihm aber nicht ums Kopieren, sondern um Inspirationen, um Anregungen, über das ein oder andere noch mal aus einem anderen Blickwinkel nachzudenken. Das ein oder andere ließe sich dann im Hinblick auf ihre Bedingungen in Deidesheim modellieren und anpassen. Er bringt das so auf den Punkt: „Französische Inspirationen pfälzisch interpretieren!“

Das andere große Thema für Michael ist die nachhaltige, Ressourcen schonende Weinproduktion. Für die grundlegende Ausrichtung des Betriebs war seine Zeit bei Philipp Wittmann in Rheinhessen prägend. Hier hat er die Biodynamie von der Pike auf kennengelernt und er konnte in den berühmten Westhofener Lagen mit eigenen Augen sehen, welchen Unterschied diese Art der Weinbergspflege im Hinblick auf das Bodenleben und den Gesundheitszustand der Reben macht. Für ihn stand fest, dass er die Biodynamie auch im elterlichen Betrieb einführen würde.

Andres Brueder 23

Die Monokultur im Weinbau aufbrechen

Das ist längst Geschichte. Heute machen Michael und Bruder Thomas sich weitergehende Gedanken, zum Beispiel wie es ihnen gelingen kann, die Monokultur aufzubrechen, wieder für mehr Artenvielfalt und lebendigere Weinberge zu sorgen. Und wie gelingt es, die Wasserversorgung auch in trockenen Jahren sicher zu stellen, ohne auf künstliche Bewässerung zurückgreifen zu müssen? Er wünscht sich von außen (Forschung, Verbände…) mehr Input, Unterstützung und Ideen, wie er den ökologischen und biodiversen Weinberg noch besser realisieren und gestalten kann.

Einen großen Schatz besitzen die Andres Brüder in Form ihres einzigartigen Langenportfolios. Rund um Deidesheim bieten ihre vom Buntsandstein geprägten Lagen beste Voraussetzungen für Riesling, die stärker vom Kalk geprägten Lagen bei Neustadt-Haardt sind ideal für die Burgundersorten, allen voran Chardonnay und Pinot Noir. Alles ist seit Generationen enorm kleinparzelliert und jede noch so kleine Parzelle ist eine kleine Welt für sich, mit geologischen, topografischen und mikroklimatischen Besonderheiten. Diese Unterschiede herauszuarbeiten und im Wein schmeckbar zu machen, ist eine Herausforderung, die die Brüder Andres immer wieder aufs Neue motivieren. 

Andres Brueder iDeidesheim

Die Brüder Andres bilden ein tolles Team

Dass die beiden sich super gut verstehen, ist ein großes Glück. Dessen sind sie sich bewusst. Im Hinblick auf die Jobs im Weingut haben sich die Brüder auf eine Arbeitsteilung verständigt. Thomas ist zuständig für den Außenbetrieb, Michael kümmert sich mehr um die Arbeiten im Keller.

„Aber es ist nicht so, dass es sich dabei um eine strenge oder gar starre Arbeitsteilung handelt“, sagt Michael. „Ich bin natürlich auch oft mit in den Rebanlagen unterwegs und speziell in den Wintermonaten ist mein Bruder viel mit mir im Keller. Das ganze Jahr über besprechen mir morgens, was ansteht und auf was es gerade ankommt. Es ist eigentlich ziemlich genial, zu zweit und in ständigem Austausch so ein Weingut zu managen.“

Andres Brueder Raum

Weine mit Handschaft

Stilistisch tragen ihre Weine bereits eine eigene Handschrift, die man als „vital und erfrischend, puristisch und reintönig" beschreiben kann, oder wie Michael das selbst auf den Punkt bringt: „Alte Schule modern interpretiert!“ Das Kernelement, das diesen Weinstil möglich macht, ist leicht identifiziert: Es ist der Faktor Zeit.

Zeitaufwendig ist die pflegeintensive Bewirtschaftung der Weinberge nach biodynamischen Grundsätzen und Zeit brauchen die spontan vergorenen Weine, um sich in Ruhe optimal zu entfalten. Das geschieht bei den Andres Brüdern in den klassischen Stückfässern der Region. Die beiden tun gut daran, die kellertechnischen Eingriffe auf das notwendigste zu begrenzen. Alles andere wäre bei der hohen Qualität des Ausgangsmaterials die reinste Verschwendung.

227  DSC7415

Weine, die fordern, aber nicht überfordern

Vor allem die Gutsweine machen sehr viel Spaß, sie fordern, aber überfordern nicht. Sie bieten all jenen, die weniger anspruchsvoll unterwegs sind und sich einfach nur ein bisschen Spaß im Glas wünschen, sehr viel Genuss und Trinkfreude. Ihre Performance ist jedoch zugleich so spannend und interessant, dass auch anspruchsvollere Genießer auf ihre Kosten kommen.

Wie nicht anders zu erwarten, steigt das Niveau im Falle der Ortsweine noch einmal deutlich an. Spätestens auf der Stufe der Lagenweine wagen die Brüder Andres viel Charakter und Individualität und bewegen sich dann weit vom geschmacklichen Mainstream entfernt. Nach dem Bombenstart bleibt nun abzuwarten, ob die beiden das hohe Anfangstempo aufrechterhalten können. Zuzutrauen ist es ihnen.

Andres Brueder Weinberg

Vielen Dank lieber Michael!

Lieber Michael, vom Taunus in die Pfalz rufe ich Dir zu: Vielen Dank für Deine Gastfreundschaft, das schöne Gespräch und das spannende Tasting. Vielen Dank für Deine Unterstützung dieser Podcast-Episode.

Auf hoffentlich ganz bald!

Markus Spindler1

Zu Gast in der nächsten Episode von "Genuss im Bus": Markus Spindler aus Forst

Zu Gast in der nächsten Episode von "Genuss im Bus" ist Markus Spindler vom Weingut Heinrich Spindler. Bereits seit 1620 wird der Betrieb von der Familie Spindler in Forst an der Weinstraße betrieben. Das, was Markus seit ein paar Jahren in die Flasche zaubert, kann sich mehr als sehen lassen. Mit ungemein viel Fingerspitzengefühl gelingt es ihm, die individuellen Besonderheiten der Forster Weltklasselagen Pechstein, Ungeheuer, Kirchenstück und Jesuitengarten präzise auf die Flasche zu ziehen. Wie er dabei in Weinberg und Keller vorgeht, darüber spreche ich mit Markus Spindler in der nächsten Episode von Genuss im Bus und freue mich, wenn Du dann wieder dabei bist.

Bis dahin sage ich Tschüss und auf Wiedersehen, und wie immer - lass es dir schmecken!

Wolfgang

Noch keine Kommentare vorhanden

Was denkst du?