Mit Uli Luckert vom Weingut Luckert in Sulzfeld starte ich hier in Blog und Podcast eine kleine Serie, die während der nächsten Wochen ganz im Zeichen Wein-Frankens stehen wird, also der Region zwischen Aschaffenburg und dem Steigerwald.
Gesprochen habe ich ja bereits im vergangenen Jahr mit Paul und Sebastian Fürst, die im Churfränkischen Bürgstadt zu Hause sind. Hier noch mal der Link zu beiden Episoden.
Paul Fürst: https://www.wolfgangstaudt.com/paul_fuerst/
Foto: A. Durst
Während in Churfranken vor allem die Burgundersorten und Riesling angebaut werden, steht im Maindreieck rund um Würzburg ebenso wie auch im Steigerwald eine andere Rebsorte im Vordergrund. Hier gilt der Silvaner als die Leitrebsorte des Gebiets.
Der Ruf des Silvaner könnte besser sein. Vielen gilt die Sorte ja so ein bisschen als old-fashioned, ohne besonderen Charakter und geschmackliches Profil. Dabei führte der Silvaner noch in den 60er Jahren die Hitliste der hierzulande am meisten angebauten Rebsorten an. Gerade mal ein Viertel ist davon geblieben. Eine Sorte nach der anderen ist an ihm vorbeigezogen, zunächst Riesling und Müller-Thurgau, dann Spät-, Grau-und Weißburgunder und schließlich auch noch der Dornfelder.
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Deshalb wird es in meinen Winzer-Gesprächen immer auch um den Zustand und die Zukunftschancen dieser Rebsorte gehen. Schließlich wird in Insiderkreisen bereits über eine Renaissance des Silvaner gemunkelt und das, was lange als seine Hauptschwäche galt, nämlich weder ein intensives, noch ein leicht wiedererkennbares Leitaroma zu besitzen, könnte vielleicht zum Schlüssel seiner Rehabilitierung werden.
Insgesamt 6 Winzer werden in den nächsten Wochen zu Wort kommen und mir ihre Geschichten rund ums Weinmachen und den Silvaner erzählen. Starten möchte ich heute gleich mit einem Knaller, dem Weingut Luckert vom Zehnthof in Sulzfeld. Gesprochen habe ich dort zunächst mit Uli, einem der beiden Seniorchefs und dann anschließend mit dem Junior Philipp, mit dem ich auch drei Weine des Betriebs verkostet und besprochen habe.
Foto: A. Durst
Das Weingut Luckert ist ein echtes Familienunternehmen. Aktuell wird es von Uli, Wolfgang und dessen Sohn Philipp Luckert und ihren Familien nach streng ökologischen Gesichtspunkten geleitet. Gemeinsam bewirtschaften sie insgesamt rund siebzehn Hektar Rebland rund ums fränkische Sulzfeld, direkt am Main gelegen zwischen Marktbreit und Kitzingen.
In der Weinszene gilt dieses Trio als Referenz eines modernen zeitgenössischen Purismus. Sie reduzieren die Kellerwirtschaft auf ein Minimum, vergären spontan, haben für Enzyme, Präparate und Restzucker nichts übrig und reduzieren den Schwefeleinsatz auf ein Minimum. Nur mit dem Faktor Zeit gehen sie verschwenderisch um: lange Maischestandzeiten, lange Hefelagerzeiten und bis die Weine dann gefüllt und in den Handel kommen, vergeht nochmal sehr viel Zeit.
Foto: A. Durst
Die drei sind überzeugt, dass der Boden dem Silvaner genug Geschmack mit auf den Weg gibt, eben den Geschmack des kargen, fränkischen Muschelkalks. Diesen möglichst unverfälscht in die Flasche zu bringen, das sei ihr Job und zugleich ihr höchstes Ziel. Uli Luckert forciert seine Argumentation sogar noch einmal: „Der Silvaner ist stärker als jede andere Sorte, sogar als der Riesling in der Lage, das Terroir sprechen zu lassen, weil er aromatisch zurückhaltender ist.“
Deshalb gilt dem Boden, dem größten Schatz der Luckerts allergrößte Aufmerksamkeit. Alle Weinberge sind natürlich begrünt und werden seit mehr als 10 Jahren ausschließlich ökologisch bewirtschaftet, heute sogar nach den strengen Richtlinien des Naturland-Verbandes.
Foto: A. Durst
Von der dichten Bepflanzung ihrer Anlagen haben sie wieder Abstand genommen, dafür den Aufwand für den Humusaufbau und die Pflege der Laubwand deutlich erhöht. Qualitätsfördernd wirkt sich die vor rund 20 Jahren eingeführte Reberziehung nach dem „Cordon-System“ aus. Das bringt kleinere Erträge, kleinere Trauben mit dickeren Schalen und höherem Phenolgehalt.
Ich verfolge die Entwicklung bei den Luckerts bereits seit über 10 Jahren und stelle fest, dass sie von Jahr zu Jahr mehr Individualität und mehr Charakter wagen, dass ihre Weine heute noch mehr Ausdruck und Kontur besitzen als früher. Die vielen Qualitätsfördernden Maßnahmen entfalten immer deutlicher positive Effekte, dazu gehört sicher nicht zuletzt die Einführung der ökologischen Bewirtschaftung der Rebanlagen.
Foto: A. Durst
Vom Basiswein bis zu den Großen Gewächsen wird eine glasklare Handschrift verfolgt. Alle Luckert’schen Erzeugnisse zeichnen sich durch eine ganz besonders feine, balancierte, ruhige und ausgewogene Art aus. Zugleich sind es immer auch ungemein dichte und mundfüllende Weine. Ihre Cremigkeit und ein gewisser burgundischer Touch sind Legende.
Das sind Weine für alle, die sich bei der Begegnung mehr über all das begeistern, was im Mundraum schmeck- und erlebbar ist, denn für vordergründige Fruchtigkeit. Genial also für sogenannte Strukturtrinker. Beachtlich ist mittlerweile auch das Niveau bei den Rotweinen. Spätestens seit Philipp die Erfahrungen seiner Lehrjahre, unter anderem bei Paul Fürst in Bürgstadt in den elterlichen Betrieb einbringt, geht es auch in diesem Segment steil nach oben.
Foto: A. Durst
Einen Silvaner habe ich mir heute eingeschenkt, den 2019er Gelbkalk vom Sonnenberg. Er stammt aus einer VDP-klassifizierten "Ersten Lage". In der Nase begegnet mit ein sehr klares, helles, frisches und staubig-mineralisches Bouquet vom Muschelkal, gepaart mit zitrischen Noten und dezente Anklänge an hellen Früchte.
Während ich meine Nase ein weiteres mal Richtung Silvaner lenke, denke ich an jenes kraftvolle Statement, mit dem der Macher dieses Weins einmal für großes Aufsehen gesorgt hat: „Frucht ist Kitsch“, sagt Uli Luckert und hat damit im Grunde schon fast alles über den Silvaner gesagt.
Auch der Gelbkalk repräsentiert diese Stilistik par excellence: dezent würzig in der Nase, konzentriert, cremig-dicht, fest strukturiert und perfekt balanciert am Gaumen; dies ein hoch eleganter und raffinierter Silvaner mit einem üppigen und deutlich saltigen Finale - wie alle guten Silvaner ein exzellenter Speisenbegleiter und bei weitem vielseitiger einsetzbar als die meisten anderen Rebsorten. In angesagten Restaurants sind Silvaner dieser Güte längst wieder Kult.
Wir verkosten drei spannende Weine des Jahrgangs 2019:
Alle drei Weine sind aktuell (Oktober 2020) noch im Handel verfügbar, zum Beispiel beim Weinversand Kerl Kerler.
Eine gute Gelegenheit, wie ich finde, drei ungemein spannende und facettenreiche Weine allein oder besser noch im Freundeskreis zu verkosten und dabei den Kommentaren und Erläuterungen des Winzers zu lauschen.
Lass es dir schmecken!
Wolfgang
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