Dessertweine – Argumente für eine Rehabilitierung

Dessertweine – Argumente für eine Rehabilitierung

Dessertweine sind Süßweine. Bis auf ganz wenige Ausnahmen verlangt das in der Regel süße Dessert nach einem in der Süße mindestens ebenbürtigen Begleiter. Trockene oder halbtrockene Weine machen an der Seite eines Desserts keine gute Figur. Sie wirken karg, mager und gänzlich uncharmant. Dennoch haben Süß- und Dessertweine hierzulande keinen guten Ruf.

Wie stehst du zu dieser nicht ganz alltäglichen Spezies? Magst Du Dessertweine? Oder gehörst Du zu jenen, die süße Weine entschieden ablehnen? Manche genießen sie in aller Stille, werden aber gelegentlich wegen ihrer Neigung belächelt. Wie hält es Dein Freundeskreis? Wie beliebt sind Dessertweine? Wie oft und zu welchen Gelegenheiten werden sie ausgeschenkt?

Dessertweine Schatzkammer

Dessertweine genossen einst einen grandiosen Ruf

Ein Blick zurück in die Vergangenheit macht unmissverständlich klar: Süß- und Dessertweine galten immer als etwas ganz Besonderes. Die Masse der einfachen Weine war stets trocken. Der gesamte Zucker, der sich während des Reifungsprozesses in den Trauben gebildet hatte, wurde zu Alkohol vergoren. Zurück blieb ein trockener, komplett durchgegorener Wein. Nur hin und wieder schenkte die Natur den Trauben so viel Süße, dass diese nicht vollständig in Alkohol umgesetzt werden konnte. Das Resultat waren Süßweine.

Die Mengen, die Jahr für Jahr erzeugt werden konnten, waren jedoch unbestimmt und in aller Regel minimal. Allein schon deshalb genossen sie eine besondere Wertschätzung. Sie waren rar, begehrt und teuer. So wurden im 19. Jahrhundert die Riesling-Auslesen des Rheingauer Weinguts Robert Weil an viele Kaiser- und Königshäuser Europas geliefert und erzielten Preise, die diejenigen der berühmten Premier-Cru-Rotweine aus dem Médoc noch übertrafen.

Den Lockrufen der Nachkriegsjahrzehnte erlegen 

Wirtschaftskrise und zwei Weltkriege führten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu großen Turbulenzen, die auch die Nachfrage für hochwertige Weine kräftig durcheinander wirbelten. Langfristig bedeutsamer – speziell für den Süßweinsektor –  waren dann aber Entwicklungen in den 60er und 70er Jahren. Neue Techniken mit erheblichem Rationalisierungspotenzial erhielten Einzug in die Weinbergs- und Kellerarbeit (wie das z.B. an der Saar war, ist hier nachzulesen: Saar-Riesling).

Die Ergebnisse dieser zunehmenden Industrialisierung der Weinproduktion sind bekannt: Die Erträge stiegen, die Weinqualität sank. Und als man dann auch noch begann, die Schwächen der Weine systematisch durch den Zusatz von Süße zu kaschieren, war ein historischer Tiefpunkt erreicht. Dabei schien die Rechnung zunächst sogar aufzugehen, denn der Nachfragetrend zu billigen süßen Weinen spielte den Winzern in die Karten.

Die Vermächtnisse von Liebfrauenmilch & Co. 

War die Bereitung von Süßweinen in der Vergangenheit ein stets aufwendiges und kostspieliges Unterfangen, war ihre Produktion nun vergleichsweise simpel und ließ sich deshalb in großem Stile organisieren: Trockenen, durchgegorenen Weinen wurde vor der Flaschenfüllung steril gehaltener Süßmost, sogenannte „Süßreserve“ beigemischt.

Da die hinzugefügte Süße den Charakter und die Besonderheiten der Ausgangsweine nahezu unkenntlich machte, nahmen die Produzenten auf Qualitätsaspekte immer weniger Rücksicht. Eine Preisspirale nach unten setzte ein. Immer öfter wurden Spät- und Auslesen für zwei bis drei D-Mark angeboten. Kaum ein anderer Wein verkörperte den Geist dieser Epoche so gnadenlos wie die „Liebfrauenmilch“, ein lieblich-süßer Wein auf unterstem Niveau.

Trinken Kenner Dessertweine?

Diese billig-süßen Kunstprodukte haben nicht nur das Image des deutschen Weins in der ganzen Welt stark beschädigt, sondern hierzulande auch das generelle Ansehen von Süß- und Dessertweinen ruiniert. Selbst die seriösen und qualitativ hochwertigen Vertreter, die sich dem Trend widersetzten, wurden von dem Negativsog, der von der Masse der ordinären Fabrikate ausging, erfasst.

Spätestens ab Anfang der 1980er Jahre galt: Wer was auf seine Weinkennerschaft hält, trinkt trocken. Diese Einstellung verbreitete sich zunächst langsam, dann immer schneller und erfasste schließlich eine ganze Generation „anspruchsvoller“ Weintrinker. Auf einem Auge blieben sie dauerhaft blind. Auch heute noch höre ich in meinen Veranstaltungen: „Der ist ja süüüß!“ Und weil er süß ist, wird er keiner weiteren Prüfung unterzogen, sondern gleich diskreditiert.

Dessertweine Herbst

Zeit für süße Reha

Es wird Zeit, mit diesen Vorurteilen Schluss zu machen und nicht länger das Kind mit dem Bade auszuschütten. Sicher findest Du auch heute noch bei den Discountern und in der einfachen Gastronomie allerlei banal-liebliche Kunstprodukte. Doch die Welt der Süßweine ist sehr viel reicher und bunter. Es lohnt sich, in diesen Kosmos einzutauchen und auf Entdeckungsreise zu gehen.

Dessertweine TBA

Systematisch durch die Welt der Süßweine

Damit Du leicht und ohne Umwege die Spreu vom Weizen trennen lernst, habe ich eine kleine Artikel-Serie produziert. In insgesamt fünf weiteren Beiträgen werde ich Dich systematisch durch die Welt der Süßweine führen und Dir die interessantesten Typen und ihre Entstehungsbedingungen vorstellen. Du lernst ihre stilistischen Besonderheiten kennen und erfährst, worin das besondere Geschmackserlebnis beim Genuss dieser Weine besteht und zu welchen Gelegenheiten sie unser Leben versüßen können. Du wirst sehen, dass Süßweine keineswegs nur zum Dessert und pikantem Roquefort eine gute Figur machen. Sie auch zu Fleisch- und Fischgerichten einzusetzen scheint gewagt, aber wenn die Art der Zubereitung und die Zutaten passen, dann sind kulinarische Sensationen möglich.

DessertweineMoselschleife

Mosel-Riesling, Beerenauslesen, Eiswein, Sauternes, Port…

Den zweiten Beitrag widme ich den leichten, filigranen und stets temperamentvollen fruchtsüßen Weinen von Rhein und Mosel und ihren Nebenflüssen, die im strengen Sinne ja gar keine Dessertweine sind. Anschließend wende ich mich den edelsüßen Gewächsen zu, sowohl den deutschen und österreichischen Auslesen, Beeren- und Trockenbeerenauslesen, als auch den mächtigen französischen Süßweinen aus Sauternes und Barsac. Ein weiterer Abschnitt gehört dem Tokajer. Der vierte Teil steht ganz im Zeichen der Passito-Weine Italiens und im fünften und vorletzten Artikel entführe ich Dich in die Welt der verstärkten Süßweine Frankreichs, Spaniens und Portugals. Ganz zum Schluss gehört die Bühne dem Eiswein.

Ich freue mich, wenn Du bei dieser Reise dabei bist. Die wichtigsten Stationen und Informationen werde ich zudem in ein Video packen. Hier geht es zur zweiten Folge, den fruchtsüßen Weinen.


Lass es Dir schmecken!


Wolfgang Staudt


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6 Kommentare

  • Als "Frankenweintrinker" wurde mir in Württemberg eine Müller-Thurgau Trockenbeerenauslese gereicht. Damit mußte ich mich zunächst gedanklich auseinandersetzen. Müller-Thurgau mit mehr als 13g Restzucker, geht nicht dachte ich, doch geht und wie. Nicht nur Süße sondern auch eine leichte Säure hatte dieser Wein und damit nicht nur "pappig süß". Das zeigte mir, süß geht, man muss es nur können (vom Ausbau her) bzw. mal probieren wollen.
  • Lieber Herr Kosancic, solche Erfahrungen sind doch ganz wunderbar, immer vorausgesetzt, man ist offen dafür. Ich freue mich mit Ihnen, dass diese Begegnung für Sie möglich wurde. Herzlichen Dank für diesen Kommentar. Das sollte andere ermutigen...
  • Unter den Süßweinen vermisse ich den griechischen Samos, der zu Unrecht bei uns quasi nur als Massenware wahrgenommen wird.
  • Hallo Herr Lenz, sie haben ja völlig recht. Nur wenn das Image einmal versaut ist, genügen ein paar gute Exemplare nicht, den Karren wieder aus dem Dreck zu ziehen. Welche Erzeuger können Sie empfehlen? Herzliche Grüße...
  • Hallo Wolfgang,

    es wurde zwar schon viel über die unterschätzten Edelsüßen geschrieben, jedoch bleibt es weiterhin spannend, allein wenn man diverse Blauschimmelkäsesorten mit unterschiedlichen Botrytiswein- Herkünften kombiniert.

    Besonders im Tokaj sorgt die relativ neu geschaffene Kategorie "Késöi szüret" (=Spätlese) für hohe Aufmerksamkeit. Die Herausforderung für die Winzer ist das perfekte Süße-Säure-Spiel zu finden, sowie den regionalen Charakter des edlen Furmints in die Flaschen zu bringen. Großartig!

    Ich freue mich auf das nächste Kapitel.

    Wolfgang Banovits, Mainz
  • Hallo Wolfgang, vielen Dank für Deinen Kommentar und die interessanten Hinweise in Sachen Tokaj. Die Rebsorte Furmint ist ja bekannt dafür, dass sie trotz hoher Reifegrade beste Säurewerte realisieren kann. Dennoch haben die Winzer ja bislang noch nicht viel Erfahrung mit dieser neuen Weinspezies. Du hast recht, wenn alles gelingt, ist mit genialen Weinen zu rechnen. Lass uns einen zusammen genießen! Auf bald...

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