Meinen heutigen Blogartikel widme ich einem jungen Winzer, der in der nördlichen Ortenau unweit von Baden-Baden in der Weinbaugemeinde Ebenung zu Hause ist. Trotz aller Jugendlichkeit wirkt er im Alter von heute gerade mal 32 Jahren bereits ungemein lebenserfahren und in vielerlei Hinsicht tiefgründiger, reifer und auch vom Leben gezeichneter als die meisten Gleichaltrigen.
Foto: L. Greiner/ Medienagenten
Die Rede ist von Johannes Kopp, der zu Gast bei mir im Podcast war. Sehr früh - noch während seiner Ausbildung - hat er völlig unerwartet seinen Vater verloren. Und so kam es, dass er Hals über Kopf alle Zelte abreißen und zu einem Zeitpunkt im elterlichen Betrieb loslegen musste, als seine Altersgenossen gerade in Geisenheim zu studieren begannen.
Das ist nun ziemlich genau 10 Jahre her. Was Johannes Kopp seither auf die Beine gestellt hat und wie er mit den Aufgaben auch persönlich gewachsen ist, das ist eine wirklich beeindruckende Geschichte. Ihn vor Ort in seinem Weingut zu besuchen und dabei einem sehr ernsthaften, nachdenklichen und zugleich ungemein tatkräftig zupackenden Menschen zu begegnen, war für mich ein großartiges Erlebnis.
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Die Geschichte der Kopps in Ebenung begann, als Johannes' Urgroßvater, selbst Kind einer Familie mit zwölf Kindern, nach dem Ersten Weltkrieg aus der Gefangenschaft in Bordeaux zurückkam. Auf einem kleinen Acker, den er von der Gemeinde erhielt, ließ er sich nieder. Er baute ein kleines Haus mit Stall und Scheune und startete gemeinsam mit seiner Frau Anna - wie damals üblich - einen kleinen Mischbetrieb mit zwei Kühen, drei Schweinen und ein paar Hühner. Irgendwann kamen auch ein paar Rebzeilen dazu.
Johannes' Vater war gelernter Landmaschinenmechaniker, der sich erst im Alter von 30 Jahren entschloss, Winzer zu werden. Seinen ersten eigenen Wein kelterte er im Jahr 1996. Von Anfang an war bei ihm viel Herzblut im Spiel. Logisch, dass er jede Chance nutzte, an seinen Kompetenzen als Winzer zu feilen. So kam es unter anderem, dass er für ein paar Monate zu Bernhard Huber nach Malterdingen ging, um bei einem Großen des Fachs ein Praktikum zu absolvieren. Sein Lebensmotto "Es gibt immer eine Lösung" hat sich auch Johannes zu eigen gemacht.
Nicht nur der Mensch hat mich beeindruckt, auch seine vielfältigen Initiativen und Projekte. Aktuell vor allem der Bau des neuen Weingutsgebäudes. Mit ihm will Johannes Kopp ein architektonisches Zeichen setzen. Er erklärt mir:
Während meiner Aufenthalte in Australien und Südafrika habe ich erfahren, dass ein Weingut viel mehr sein kann als bloß Weinberg und Keller. Ich will mit dem Neubau Wein als Erlebnis vermitteln - mit eigener Gastronomie, durch kulturelle Veranstaltungen, Weinproben, Weinseminare und Weinwandertage. Zu unseren Weinen und ausgesuchten Weinen von Kollegen servieren wir gutes Essen aus einer modern interpretierten badischen Küche. Die schöne Aussicht rundet das Erlebnis ab.
Für eindringliche Aha-Momente bei den Besuchern dürfte vor allem der Blick durch die großzügige Glasfront auf der Südwestseite sorgen. Von hier genießt man eine einmalige Fernsicht. Johannes schwärmt:
Bei gutem Wetter blickt man am Schwarzwald entlang und kann am Horizont den Schutterlindenberg in Lahr erkennen sowie das Straßburger Münster. Mit dem Fernglas ist sogar die Spitze des Kaiserstuhlturms sichtbar.
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Der Neubau ist ausgestattet mit einem charakteristischen Flachdach, das sich dank der gestaffelten Geschosse gut in die Landschaft einfügt und wegen seiner Lage am Ortsrand die typischen Dorfhäuser mit ihren Satteldächern nicht stört. Als Material kommt Stahlbeton zum Einsatz. Für die Fassadenverkleidung wird Cortenstahl verwendet. Lediglich für das Penthouse ist Massivholzbauweise vorgesehen.
Die Besucher werden das Weingut durch das Sockelgeschoss und den relativ dunklen Weinkeller betreten, in dem die Fässer durch eine passende Beleuchtung attraktiv in Szene gesetzt werden. Von dort gelangen sie über eine Treppe ins helle Hauptgeschoss. Die spektakuläre Aussicht wird zu einem überraschenden und zugleich eindringlichen Erlebnis.
Wir sind in den vergangenen doch noch einmal deutlich gewachsen und da war irgendwann klar: Wir stoßen an unsere Kapazitätsgrenzen. Das Arbeiten wurde immer beschwerlicher und auch die Temperatur- und Lagerbedingungen für unsere Weine waren nicht in jedem Falle optimal. Mit dem Neubau sind diese Probleme mit einem Schlag beseitigt. Durch längere und bessere Lagerbedingungen wird die Qualität unserer Weine sicher noch mal einen deutlichen Schub bekommen.
Besonders stolz ist Johannes, die Monopollage Kloster Fremersberger Feigenwäldchen bewirtschaften zu dürfen. Im Interview gibt mir Johannes ein wenig Einblick sowohl in die Geschichte des Klosters als die Bedeutung dieser für ihn besonderen 4,8 Hektar großen Weinlage.
Also das Kloster liegt ungefähr einen Kilometer Luftlinie hier vom Weingut entfernt Richtung Schwarzwald. Es liegt im Schwarzwald, ist umrandet vom Schwarzwald und eine reine Buntsandsteinlage. Das Ganze geht zurück auf das Jahr 1426, als dort das Kloster gegründet wurde. Angeblich hatte sich in der Gegend irgendein Adliger bei der Jagd verirrt und hat dann dort in einer Einsiedlerhütte Schutz gefunden. Das hat man damals zum Anlass genommen, gleich eine kleine Kapelle zu errichten und daraus hat sich mit der Zeit ein Kloster entwickelt.
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Weinbau wurde wohl schon sehr früh betrieben. Das Klostergut gehörte 1910 zu den Gründungsmitgliedern des Verbandes Deutscher Naturweinversteigerer, der Vorläuferorganisation des heutigen Verbandes VDP. Die Prädikatsweingüter. Das Klostergut war dann bis in die 60er Jahre Mitglied im VDP. Der Name der Lage kommt tatsächlich vom Feigenanbau.
Was heutzutage völlig unspektakulär ist, galt damals aus Besonderheit, dass nämlich in dieser Gegend Feigen im größeren Maßstab kultiviert werden konnten. Die Lage war also schon immer eine ganz außergewöhnliche: komplett nach Süden ausgerichtet und Buntsandsteinböden, die die Wärme perfekt speichern können.
Johannes kultiviert in dieser Lage heute fast ausschließlich Riesling auf der Basis eines weitgehend alten Rebbestandes - biodynamisch und mit großem Pflegeeinsatz. Für die Qualität seiner Weine unternimmt er alles Menschenmögliche und nimmt dabei Kleinsterträge in Kauf. Das Ergebnis sind großartige Weine, ungemein stoffig, dicht und voller Schmelz, zugleich enorm frisch, vital und federleicht. Sie scheinen Flügel zu haben.
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Seine Gutsweine baut Johannes überwiegend im Stahltank aus. Für noch mehr Rückgrat und Struktur werden kleine Anteile von Weinen aus dem Barriquefass dazugegeben. Ihr Grundcharakter ist durchgehend frisch, fruchtig und zugänglich.
Die Terroirweine des Hauses Kopp sind weniger von der Frucht, sondern mehr von der Herkunft und dem Holzausbau geprägt. Sie sind kräftiger, körperreicher, geschmacksintensiver als die Gutsweine und sie gewinnen mit zunehmendem Alter an Eleganz, Komplexität und Feinheit.
Die Spitze des Portfolio bilden die Lagenweine. Die Roten reifen mindestens zwei Jahre im Barriquefass, die Weißen werden nach einem Jahr im Barrique abgefüllt - burgundertypisch mit großem Reifepotenzial. Erst mit ein paar Jahren Flaschenreife entfalten sie ihren ganzen Charme und zeigen dann auch immer deutlicher ihre Herkunft.
Jüngst hinzugekommen ist ein 30 Monate auf der Hefe gereifter Sekt, ein Blanc de Blancs Extra Brut, der - bei aller Dichte und Cremigkeit - vor Feinheit und Eleganz nur so strotzt.
Der Feigenwäldchen Riesling Buntsandstein ist einer der drei verschiedenen Rieslinge aus dem Feigenwäldchen. Er entspricht der Qualität der anderen Terroirweine und wird im Stahltank ausgebaut. Er begeistert mit viel Frische, feiner Kräuteraromatik und exotischem Duft.
Der Terrassen-Riesling wird nur aus dem besten Lesegut der steilen Terrassen des Klosterguts gewonnen und nur in besonderen Jahren gekeltert. Er stellt die absolute Spitze der Feigenwäldchen Rieslinge dar. Der Wein wird spontan im Pfälzer Eichenholzfass vergoren und verbleit bis zu einem Jahr im Fass. Ein echter Langstreckenläufer.
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Auf meine Frage, ob sich die Weine durch die Umstellung auf Biodynamie bereits verändert hätten, antwortet Johannes:
Langzeitstudien habe ich ja noch keine machen können. Erste Erfahrungen deuten allerdings darauf hin, dass unsere Weine weniger schnell trinkreif sind, vielleicht ein bisschen verschlossener sind am Anfang, aber tiefer, eleganter, frischer und subtiler.
Er freut sich auf die Zeit, die vor ihm liegt. Dabei gilt seine ganze Aufmerksamkeit der Entstehung und Reifung authentischer und lebendiger Weine, Weine, die die historischen Lagen rund um Sinzheim ebenso wie die Besonderheiten des jeweiligen Jahrgangs widerspiegeln. Dabei unterstützt ihn die Biodynamie.
Die Biodynamie stellt die Natur in den Mittelpunkt. Wir sind aufgefordert, ganzheitlich zu denken, Ressourcen zu schonen und die positiven Wechselwirkungen alles Lebendigen zu verstehen und zu fördern.
Kein Zweifel, Johannes hat seine Berufung gefunden.
In 14 Tagen geht es weiter hier im Podcast. Dann bin ich am Kaiserstuhl unterwegs und treffe in Bischoffingen die Chefin des Bio-Weinguts Abril, die Sommelière Eva-Maria Köpfer. Sie ist seit vielen Jahren die gute Seele des Weinguts, die alle Fäden immer wieder mit sehr viel Geschick und Empathie zusammenführt.
Auch über das Weingut hinaus ist sie als Netzwerkerin und Initiatorin unzähliger Events bekannt. Einer, der sie gut kennt, sagte mir einmal: „Eva bringt die Menschen zusammen. Sie sieht immer zuerst das Gemeinsame, das Gemeinwohl und die positiven Synergien. Sie ist ein ungemein bescheidener Mensch, der im Zweifelsfall an sich selbst zuletzt denkt.“
In 14 Tagen, also am 27. Mai ist dieser besondere Mensch hier zu Gast im Podcast von Genuss im Bus und ich freue mich, wenn du dann wieder einschaltest. Bis dahin wünsche ich dir eine gute Zeit und sage für heute Tschüss und Auf Wiedersehen. Und nicht vergessen:
Lass es Dir schmecken!
Wolfgang
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