Rainer Schnaitmann im Podcast Genuss im Bus

Rainer Schnaitmann im Podcast Genuss im Bus


Rainer Schnaitmann im Podcast Genuss im Bus

Immer auf der Suche nach dem perfekten Wein

Zum Glück für alle Weinliebhaber ist Rainer Schnaitmann nicht seiner langjährigen Neigung gefolgt und hat eine Laufbahn als Architekt eingeschlagen. Sein Interesse für Architektur und alles Gestalterische war in jungen Jahren so immens groß, dass eine berufliche Perspektive auf diesem Feld lange nahezu alternativlos schien. Mit dem Fahrrad trieb es ihn durch halb Europa, nur um überall nach faszinierenden Bauwerken und inspirierender Architektur Ausschau zu halten.

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Wendungen des Schicksals

Hätte ihn damals jemand gefragt, ob er sich vorstellen könnte, Winzer zu werden, hätte Rainer Schnaitmann sicher nur mit einem Kopfschütteln geantwortet. In der Jugend erging es ihm wie so vielen anderen Heranwachsenden, die in den 70er und 80er Jahren in einer Winzerfamilie groß werden. Die Lust, in die elterlichen Fußstapfen zu treten, war damals wenig reizvoll. Viel spannender und attraktiver war die Vorstellung, die Welt zu entdecken und die familiäre Enge zu verlassen.

„Während andere in ihrer Freizeit Fußball spielen durften, musste ich mit meinem Vater in den Weinberg. Das fand ich als Teenager gar nicht lustig. Ganz sicher hat mir das damals den Winzerberuf verleidet. Ich wollte lieber heute als morgen da raus.“

Doch es kam anders und wie meist in solchen Fällen, spielten Begegnungen mit inspirierenden Menschen eine entscheidende Rolle. Eher zufällig bekam Rainer Schnaitmann Kontakt zu dem ein oder anderen Spitzenkoch und bekam dadurch en passent dann auch einen ganz anderen Zugang zum Wein. Plötzlich erstrahlte die Wein von Wein und Genuss und eine innere Stimme flüsterte ihm zu: „Werde Winzer und Teil dieser spannenden und faszinierenden Weinwelt!“ Er ging nach Geisenheim, um Weinbau und Önologie zu studieren, danach nach Italien und Neuseeland, um Praxiserfahrungen zu sammeln.

Weingut

Rainer Schnaitmann kehrt zurück in der Heimat

Mit viel Selbstbewusstsein kam er zurück in die Heimat und übernahm das elterliche Weingut, nicht jedoch länger als Traubenlieferant für die örtliche Genossenschaft, sondern als selbstvermarktender Winzer. Die Genossenschaft war für Rainer Schnaitmann damals der Inbegriff einer Weinkultur, die seinen Auffassungen von Qualität diametral entgegenstand.

Er hatte das große Potenzial der regionalen Spitzenlagen - den Fellbacher Lämmler oder den Schnaiter Altenberg mit ihren typischen Böden aus Mergel, Gipskeuper und verwittertem Sandstein - erkannt und war überzeugt, dass hier Großes möglich ist, vorausgesetzt man geht die Sache beherzt und mit der richtigen Strategie an.

Er sagt mir: „Die Genossenschaften wussten damals einfach nicht, was angesagt war.“ Also kündigte er die Mitgliedschaft und startete sein eigenes Projekt. Seither hat sich in der Region vieles zum Besseren gewendet, aber Rainer Schnaitmann ist überzeugt, dass das Potenzial der Weinlandschaft an Rems und Neckar auch heute längst noch nicht ausgeschöpft ist.

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Selbstbewusster Start in die Selbstvermarktung

Dann ging alles sehr schnell. Bereits seine ersten Jahrgänge fanden so viel Zuspruch, dass ihm alsbald das Etikett des Jungwinzerstars anhaftete. Er war 2003 "Entdeckung des Jahres" beim Hamburger Wein Salon. Er belegte 2006 den 1. Platz beim Bunte Wine-Award, gewann 2003 und 2004 den Pinot Cup des Feinschmeckers und holte sich 2004 beim Deutschen Rotweinpreis von Vinum den 1. Platz in der Sparte "Deutsche Klassiker". Nur zwei Jahre später wurde er in den VDP aufgenommen und noch ein paar Jahre später hat er seinen Betrieb auf Bio umgestellt.

Seither feiern ihn die Gazetten, die aktuellen Bewertungen der Kritiker für seine Weine könnten kaum besser sein und die Nachfrage hat sich auf hohem Niveau eingependelt. Seine Weine finden sich auf den Karten der berühmtestes Feinschmeckerrestaurants in der ganzen Welt und vor allem sein Spätburgunder Lämmler Großes Gewächs erregt seit Jahren die Sammlerleidenschaft einer riesengroßen Fangemeinde.

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Das Burgund - die Referenz des Rainer Schnaitmann

Überhaupt ist der Burgunderanteil im Weingut Schnaitmann für Württemberger Verhältnisse überdurchschnittlich hoch. Auf die Frage, wieso das so ist, erklärt Rainer Schnaitmann kurz und bündig:

"Ich liebe die Weine des Burgund und ich liebe die Burgundersorten. Und ich habe das Gefühl, dass ich gut mit ihnen umgehen kann, dass sie mir liegen."

Zwar ist die Zahl vergleichbarer Highend-Pinots in Deutschland in den vergangenen Jahren deutlich angewachsen, summa summarum aber immer noch klein. So ein bemerkenswertes Maß an Komplexität, Fülle und Ausdruck zu erreichen, wie Rainer Schnaitmann das mit seinem Lämmler GG gelingt, ist eben nur unter besonderen Bedingungen möglich und meist ein Ritt auf der Rasierklinge.

Es ist ein Spiel mit den Extremen. Denn einerseits geht dabei um Kraft und eine feste Struktur, zugleich aber immer auch um Leichtigkeit, Eleganz und Trinkfluss, um die Balance von Alkohol, Tannin und Säure. Rainer Schnaitmanns Lämmler GG schafft diesen Spagat, er wartet trotz aller Kraft mit einer beeindruckenden Frische und einer smarten Trinkigkeit auf, die ihn in die Nähe eines feinen Chambolle-Musigny aus dem Burgund rücken.

zwischen die alten Reben werden junge gepflanzt

Schnaitmanns Lemberger bekommt burgundische Züge

Lange Zeit konnte er beim Lemberger das Niveau seiner Pinots nicht ganz erreichen, aber das hat sich seit ein paar Jahren verändert. Seine Lemberger werden von Jahr zu Jahr feiner und komplexer und spielen nun ganz vorne im Ländle mit.

"Die Lese erfolgt mit gerade noch festen Beerenhäuten bei einem Mostgewicht zwischen 90 und 95°. Kalte, ganze Trauben kommen ins Cuve und werden oben leicht angequetscht, um Remontagesaft zu bekommen. Bis zum Gärbeginn pumpen bis zu dreimal täglich Saft diesen Remontagesaft über die ganzen Trauben. Nach ca. 3 Tagen setzt die Gärung ein. Vorher geben wir noch etwas SO2 als Stilmittel zu. Während der Gärung stoßen wir den Maischekuchen vorsichtig unter (Pigeage), aber erst wenn die Maische weicher geworden ist. In der Regel ist die Gärung nach 24 Tagen beendet. Beim Ausbau verzichten wir mittlerweile gänzlich auf neues Holz. Stattdessen setzen wir ältere 300 Liter-Fässer und Tonneaux ein."

Damit hat sich Rainer Schnaitmann beim Lemberger stilistisch ganz nahe an seine Spätburgunder herangepirscht, ist sehr viel eleganter und feiner geworden, ohne die für Lemberger so typische Würzigkeit zu verlieren.

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Trollinger mal ganz anders

Rainer Schnaitmann ist ein vinologischer Allrounder, der nicht nur mit Spätburgunder und Lemberger brilliert. Seine Sauvignon blancs finden sich Jahr für Jahr unter den Besten des Landes und auch seine Rieslinge sind eine Klasse für sich. Vor ein paar Tagen hatte ich seinen Trollinger Alte Reben im Glas - ein Hochgenuss, der die Augen öffnet für das Potenzial dieser gemeinhin unterschätzten Varietät.

Es war absolut überraschend, wie lebendig und erfrischend, ja sogar richtig zupackend und mit tollem Gripp ausgestattet dieser Trollinger mir begegnete. Vor allem leicht gekühlt und jung getrunken bringt er enorm viel Trinkfreude. Rainer Schnaitmann erläutert mir dazu:

"Die Trollingerlese erfolgt heute deutlich früher als noch vor ein paar Jahre. Wir ernten bei einem Mostgewicht von ca. 80 bis 85 Öchsle. Wichtig ist mir, dass die Beerenhäute gerade noch fest sind. Dann geht es ganz ähnlich weiter wie bei unseren Lembergern. Wieder pumpen wir den Remontagesaft über die ganzen Trauben, bevor die Gärung einsetzt. Das ist ein sehr schonendes Extraktionsverfahren. Wir keltern dann in der Regel nach 14 Tagen, noch bevor die Gärung ganz zu Ende gekommen ist. Der Ausbau erfolgt in alten 300 Liter-Fässern für 6 bis 9 Monate. Komplett trocken, kein SO2, keine Filtration."

Auch Moritz Haidle, Marcel Idler und noch einige andere Württemberger Winzer füllen jüngst Trollinger auf Flaschen, deren Machart und stilistische Performance ganz ähnlich ist. Das lässt auf mehr hoffen.

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Riesling kann Rainer Schnaitmann auch

Auch beim Riesling geht Rainer Schnaitmann eigene Wege. Speziell für seine Großen Gewächse hat er sich für eine total entschleunigte Vinifizierung entschieden: Langer Maischekontakt, langsame Gärung und langes Hefelager - um nur die wichtigsten Eckdaten zu nennen. Dadurch bekommen die Weine sehr viel Substanz und Tiefe und - zumindest solange sie sich im Jungweinstadium befinden - eine gehörige Portion Reduktion und Wildheit.

Gerade habe ich den 2017er Uhlenbacher Götzenberg GG im Glas. Direkt nach dem Öffnen der Flasche präsentiert sich dieser nun immerhin fast 4 Jahre alte Riesling noch deutlich reduktiv. Ich wechsle zu einem großen Rotweinglas. Nun kann er sich recken und strecken und mal ganz tief durchatmen. Langsam öffnet er sich und zeigt subtile Noten von weißen Blüten, frischen gelben Äpfeln und Birnen. Etwas später machen sich Anklänge an Orangenblüten bemerkbar, auch Curryblätter und Zitronen, schließlich auch ein wenig Hopfen und süße Hefe.

Am Gaumen zeigt sich dieses Große Gewächs klar und so quick lebendig wie frisches Quellwasser! Die für einen Württemberger Riesling ungemein lebhafte Säure holt einen direkt ab und führt - bei aller Kraft und Tiefe - leichtfüßig über den feinmaschig-cremigen Mittelteil ins rassig-salzige Finale. Dieser Riesling ist jetzt gerade am Anfang seiner Trinkreife und wird sich sicher noch ein paar Jahre weiter schön entwickeln.

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Das Sortiment von Rainer Schnaitmann präsentiert sich bärenstark und ohne echte Schwachstellen. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass er damit noch längst nicht zufrieden ist und sich vorgenommen, da noch eine Schippe draufzusatteln. Seine Suche nach noch mehr Ausdruck und Persönlichkeit in seinen Weinen wird weitergehen und er wird Stellschrauben ausfindig machen, um die Qualitäten noch ein bisschen nach oben zu drehen.

Schließlich ist und bleibt er selbst sein größter Kritiker. Nach außen mag man ihn als sehr selbstbewusst und souverän, gelegentlich vielleicht sogar als arrogant erleben, lernt man ihn näher kennen, zeigt er gelegentlich auch schon mal eine andere Seite. Dann begegnet einem ein anderer Rainer Schnaitmann, ein bodenständiger, bescheidener und demütiger Mensch, der bei allem Selbstbewusstsein gelegentlich auch von Selbstzweifeln geplagt wird.

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Zu Gast in der nächsten Episode von Genuss im Bus ist Martin Fischer

Zu Gast in der nächsten Episode meines Podcasts wird Martin Fischer vom Sonnenhof in Vaihingen an der Enz sein. Ich freue mich, wenn Du dann wieder dabei bist.

Bis dahin mach's gut und lass' es Dir schmecken!

Wolfgang

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